T-Shirts sind kein Terror

Dänisches Gericht wies Klage wegen FARC- und PFLP-Unterstützung zurück

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Kopenhagener Stadtgericht sprach sieben Dänen frei, die wegen Unterstützung ausländischer Terrororganisationen angeklagt waren.

Die Musik- und Modefirma Lovers & Fighters hatte im Internet T-Shirts mit den Logos der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) und der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) angeboten und angekündigt, dass der Gewinn des Verkaufs an die beiden Organisationen überwiesen werde.

So weit kam es jedoch nicht, denn die dänische Polizei beschlagnahmte Konto und Warenlager der Firma und die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Terrorunterstützung. FARC und PFLP stehen nämlich auf der EU-Liste terroristischer Organisationen. Die Aktivisten erklärten, Ziel ihrer Aktion sei nicht nur der Kauf von Radiotechnik für die FARC und Druckereiausrüstung für die PFLP gewesen, sie hätten vor allem eine Debatte über die Definition von Terror und die Berechtigung der EU-Liste anregen wollen. Zumindest dieses Ziel wurde erreicht.

Die Anklage fuhr schwere Geschütze auf: So wurde ein israelischer Terrorexperte eingeflogen, der über die PFLP und die Wirkung von Selbstmordattentaten berichtete. Um den Charakter der FARC zu zeigen, wurden Aussagen von Amnesty International und Humans Rights Watch zitiert, die Terror und grobe Verletzungen der Menschenrechte beklagen. Nach Ansicht der Angeklagten leisten beide Organisationen jedoch berechtigten Widerstand gegen staatliche Unterdrückung und Staatsterror. Sie verglichen dies mit dem Widerstand gegen die nazistische Besetzung oder gegen das Apartheidregime in Südafrika. Während der Arbeiten am dänischen Terrorgesetz hatte das Parlament den Begriff des Terrorismus an die Existenz eines »legitimen Staates« geknüpft: Ein solcher respektiere grundlegende Menschenrechte wie Gleichheit, Freiheit und Solidarität, er achte fundamentale demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien. Darauf beriefen sich die Angeklagten, deren Verteidigung auch den Vizepräsidenten des lateinamerikanischen Parlaments (Parlatino), Amilcar Figueroa, als Zeugen benannte. Er berichtete über Willkür, Rechtsunsicherheit und Verfolgung von Regimegegnern in Kolumbien. Das Gericht kam schließlich zu der Auffassung, dass die Angelegenheit zwar unter Dänemarks Terrorgesetz falle, hielt es aber für unbewiesen, dass die Unterstützung der Organisationen auf die Zerstörung der gesellschaftlichen Grundordnung abgezielt habe. Die Anklage sei deshalb hinfällig. Fighters & Lovers stehen indes nicht allein mit ihrer Auffassung in Dänemark. Die Gewerkschaft der Ungelernten, 3F, verlieh der Firma kürzlich ihren Kultur- und Solidaritätspreis. Die Gewerkschaft der Holz- und Bauarbeiter und die »Horserød-Stutthof Foreningen«, eine Vereinigung ehemaliger Widerstandkämpfer und KZ-Insassen, überwiesen der FARC Geld-spenden. Kolumbiens Regierung hatte sich kürzlich an Kopenhagen mit der Bitte gewandt, dafür zu sorgen, dass jegliche Unterstützung für die FARC unterbunden wird.

Die Staatsanwaltschaft überlegt gegenwärtig, ob sie Berufung gegen das Urteil einlegt.

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