Haushalt eine »schöne Bescherung«

Regierung verspricht den Schwachen Perspektiven, zahlt aber keinen Zuschuss fürs Schulessen

  • Bernd Baumann
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach einer mehrstündigen Generaldebatte verabschiedete der Landtag gestern den Doppelhaushalt für die Jahre 2008 und 2009. Dieser Etat hat ein Volumen von rund 20 Milliarden Euro. Die Koalitionsfraktionen SPD und CDU stimmten dafür, die Linksfraktion lehnte das Finanzpaket ab. Vorausgegangen war eine dreitägige heftige Diskussion mit einem Abstimmungsmarathon, den die rechtsextreme DVU durchgesetzt hatte, indem sie rund 100 namentliche Abstimmungen verlangte.

»Ich habe seit 1990 noch keine Haushaltsdebatte erlebt, die von so viel Zuversicht geprägt war wie diese«, sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Die Landesregierung habe in den Bereichen Bildung, Wissenschaft, Forschung und moderne Technologien die Schwerpunkte gesetzt. Den Brandenburgern werde endlich wieder eine Perspektive gegeben.

Der Regierungschef rief dazu auf, die anhaltende Abwanderung zu stoppen. Dafür müssten zukunftsträchtige Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Motto »Stärken stärken« zeige inzwischen Erfolge, behauptete Platzeck. »Wir müssen jetzt den Schwachen eine Perspektive geben, damit sie ebenfalls zu den Starken gehören.« Die gute wirtschaftliche Entwicklung müsse alle Menschen erreichen. »Das aber ist noch nicht der Fall.« Platzeck lobte ausdrücklich Finanzminister Rainer Speer (SPD) für den vorgelegten Haushalt. »Speer hat seinen Job gut gemacht«, sagte er.

Anders sieht das die Linksfraktion: Die Vorsitzende Kerstin Kaiser bezeichnete den Doppelhaushalt lakonisch als eine »schöne Bescherung« für die Brandenburger. Speer überreichte sie symbolisch einen Schokoladen-Weihnachtsmann. Die Koalition hatte zuvor Dutzende Änderungsanträge der Linksfraktion abgeschmettert. Die Anträge hatten vor allem Verbesserungen der sozialen Lage der Menschen zum Ziel.

»Die Linke stellt keine unfinanzierbaren Forderungen«, versicherte Kaiser. Ihre Fraktion habe fünf Finanzpakete geschnürt. Dabei ging es um Zuschüsse für das Schulessen der Kinder aus Familien mit geringen Einkommen, um elternbeitragsfreie Schulbusse, den Ausbau des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz oder um mehr Lehrer. »Bei zusätzlichen Steuereinnahmen von allein 433 Millionen Euro in diesem Jahr benötigen wir lediglich 62 Millionen Euro für die Umsetzung dieser Vorschläge«, betonte die Politikerin.

CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek bezeichnete die Forderungen der Linksfraktion als »Luftbuchungen«. Die Opposition wolle »sozialistische Wohltaten« verteilen. »Doch das Geld ist dafür nicht vorhanden.« Fast beschwörend appellierte Lunacek an den Koalitionspartner SPD: »Lassen Sie sich von den Forderungen der Linkspartei nicht treiben.« Würde man die Forderungen erfüllen, müsste den Bürgern noch tiefer in die Tasche gegriffen werden. »Das aber wäre eine zutiefst unsoziale Politik.«

Auch SPD-Fraktionschef Günter Baaske wies die Forderungen der Linkspartei zurück. Diese seien nicht finanzierbar. »Der Doppelhaushalt ist ein sehr kinderfreundlicher Etat«, versicherte Baaske. Im Jahr 2005 habe das Land 123 Millionen Euro in die Kindertagesstätten gesteckt. Im Jahr 2009 werden es dann bereits 145 Millionen Euro sein.

Der beschlossene Haushalt ist der letzte in der im Herbst 2009 zu Ende gehenden Wahlperiode. Nachdem das Land bereits im laufenden Jahr ohne neue Schulden auskam, wird die Kreditaufnahme im kommenden Jahr auf 208 Millionen Euro und im Jahr danach auf 107 Millionen Euro begrenzt. Ab 2010 sollen dann keine Kredite mehr aufgenommen werden. Seit 1990 wurde ein Schuldenberg von rund 18 Milliarden Euro angehäuft.

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