Die Insel der einsamen Männer

Auf den Färöern wird gewählt / Frauenmangel ist beherrschendes Thema

  • André Anwar, Stockholm
  • Lesedauer: 3 Min.
Während andere Länder mit der Einwanderung zu kämpfen haben, leiden die Färöerinseln unter der Auswanderung: Der eklatante Frauenmangel beherrscht selbst die Politik. Am Samstag wählen die Inselbewohner ein neues Parlament.

Auf den dänischen Färöerinseln steht der Frauenmangel ganz oben auf der politischen Agenda. Die zunehmende Abwanderung qualifizierter, junger und weiblicher Inselbewohner ins größere und liberalere Dänemark macht der Inselgruppe mehr und mehr zu schaffen: Den Färöern fehlen inzwischen rund 2000 Frauen. Das Thema beherrschte auch den Wahlkampf im Vorfeld der Parlamentswahlen am Samstag.

»Der Mangel an Frauen macht sich vor allem in kleineren Städten bemerkbar. Da kommen auf eine Frau zwei Männer«, sagt Brynhild Thomson, Chefredakteurin der größten Tageszeitung »Dimmalaetting«. Ein ähnliches Bild bietet die Politik: Während in Parlamenten des skandinavischen Festlandes wie in Dänemark und Schweden Quoten von um die 50 Prozent erreicht werden, sind auf den Färöerinseln nur 9,4 Prozent der Abgeordneten weiblich.

Inzwischen hat eine Delegation junge nach Kopenhagen ausgewanderte Färinger gefragt, warum sie weggezogen sind und was sie zur Rückkehr bewegen würde. Zu konkreten Lösungsansätzen haben diese Interviews aber nicht geführt. Auch das Gesundheitssystem der Inseln leidet am Personalmangel. 90 Ärzte von den Färöern arbeiten in Dänemark. »Alle Parteien wollen Frauen und allgemein qualifizierte Inselbewohner dazu bewegen, hierzubleiben oder zurückzukommen, aber leider hat keine Partei in diesem Wahlkampf irgend etwas Konkretes hierzu zu bieten«, sagt Thomson. »Ein Problem ist, dass gerade alleinerziehende Mütter es ökonomisch und gesellschaftlich leichter in Dänemark haben als bei uns.«

Seit 2004 ist der 56-jährige Sozialdemokrat Joannes Eidesgaard Regierungschef auf den Färöerinseln. Er teilt sich die Macht mit der bürgerlich-liberalen Unionspartei und den Konservativen. Die größte Oppositionspartei sind derzeit die sozialpolitisch linksgerichteten Republikaner, die für die völlige Unabhängigkeit der Inselgruppe stehen. Dass alle der drei bisherigen Regierungsparteien nach der Wahl am Samstag wieder im Regierungsboot Platz nehmen, gilt als wahrscheinlich. Eventuell könnten auch die Republikaner zu Ungunsten einer der drei Kräfte in die Regierung aufgenommen werden.

Es wird davon ausgegangen, dass die Unionspartei dieses Mal den Regierungschef stellt und damit den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten ablöst. Erst bei der Wahl zum dänischen Parlament im November legte die Union deutlich zu und sicherte mit nur einem Mandat den knappen Sieg des bürgerlich-liberalen dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen in Kopenhagen.

Die Färöer mit ihren 48 000 Einwohnern auf 17 Inseln sind ein teilautonomes Gebiet, das zum dänischen Königreich gehört, aber im Gegensatz zu »Mutterland« kein EU-Mitglied ist. Die Färöerinseln haben eine eigenen Sprache, eine eigene Fußballmannschaft, eine eigene Flagge mit rotblauem Kreuz auf weißem Grund, Briefmarken und Münzen. Wichtigster Wirtschaftszweig auf den Färöern ist die Fischerei, 95 Prozent der Exporte machen Fisch und Fischerzeugnisse aus. Anders als der Rest Skandinaviens ist die Kultur bibeltreu-konservativ geprägt. Das haben vor allem Homosexuelle zu spüren bekommen.

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