Thaksins Vertraute kehren zurück an die Macht

Samak Sundaravej soll Thailands neuer Regierungschef werden

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast 16 Monate nach dem Militärputsch ist in Thailand am Montag erstmals wieder ein gewähltes Parlament zusammengetreten. Die kurze Zeremonie fand in Anwesenheit von Kronprinz Vajiralongkorn statt. Heute wollen die Abgeordneten einen Parlamentspräsidenten wählen, Ende der Woche den neuen Premierminister.

Triumphierend trat Samak Sundaravej am Sonnabend vor die Presse. Er verkündete, dass sich seine Volksmacht-Partei (PPP) mit fünf anderen Gruppierungen auf die Bildung einer Koalition verständigt habe. Die PPP hatte bei den Wahlen am 23. Dezember 233 der 480 Sitze gewonnen. Gestern traten die Abgeordneten des Unterhauses zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen, Ende der Woche werden sie wohl Samak zum neuen Premier des Landes wählen – laut Verfassung und Tradition muss dann noch König Bhumipol der Ernennung sein Einverständnis geben. Dies ist aber Formsache, so dass wahrscheinlich zügig auch die Zusammensetzung des Kabinetts bekannt gegeben werden kann.

Die PPP mit ihrer deutlichen Übermacht im Bündnis wird sich zumindest die Schlüsselressorts sichern und hat auch schon verkündet, eine große Zahl von Ministerposten an Parteiführer aus dem Nordosten zu vergeben. Im Armenhaus des Landes konnte die PPP bei der Parlamentswahl besonders gut abschneiden.

Von den Gruppierungen, die sich zu der Allianz bereitgefunden haben, fallen vor allem Chart Thai mit 37 und Puea Pandin mit 25 Sitzen ins Gewicht. Die drei kleineren Partner einberechnet, wird die Koalition letztlich etwa 310 bis 320 Sitze im Unterhaus kontrollieren. Die genaue Zahl steht noch nicht fest, da in einigen Wahlkreisen nach wie vor Unregelmäßigkeiten untersucht werden. Ein paar Gewinner mussten ihre Mandate auf Veranlassung der Wahlkommission bereits wieder abgeben, in anderen Fällen steht eine Entscheidung noch aus. Eine generelle Annullierung des gesamten Urnengangs, wie sie zumindest zwischenzeitlich als Damoklesschwert über der Rückkehr zur Demokratie schwebte, ist aber vom Tisch. Einen solchen Schritt hat der Oberste Gerichtshof in der Vorwoche abgelehnt.

Die obersten Richter sahen auch keine Veranlassung, die PPP als Neugründung der voriges Jahr zwangsaufgelösten Thai Rak Thai (Thais lieben Thais – TRT) zu verbieten und auf diese Weise die Wahl hinfällig zu machen. Zumindest erklärten sie sich am Freitag für eine Entscheidung in dieser Frage nicht zuständig. Jedermann weiß, dass die PPP den größten Teil ihres politischen Personals von der ehemaligen Regierungspartei des beim Putsch 2006 gestürzten Premiers Thaksin Shinawatra bezogen hat. Die Wahlsieger brüsten sich sogar ganz offen mit ihren engen Verbindungen zu dem im britischen und Hongkonger Exil ausharrenden Populisten, der bald in die Heimat zurückkehren will. Die faktische Kontinuität ist in vielen Punkten nachweisbar. Der PPP daraus juristisch einen Strick zu drehen, mit diesem Versuch ist ein Abgeordneter der oppositionellen Demokraten (DP) allerdings gescheitert.

Die DP bleibt, da alle weiteren Gruppen im Parlament in die Koalition eintreten wollen, in nächster Zeit die einzige Gegenkraft und wird längerfristig zumindest davon profitieren können, wenn sie wirksame Oppositionsarbeit betreibt. Dass die seit einem Monat anhaltende Phase der Ungewissheit nun beendet scheint, werten grundsätzlich auch ihre Spitzenvertreter als positiv. Ob Thailand zu neuer politischer Stabilität findet, muss sich jedoch erst zeigen. Samak, ein früherer Gouverneur der Hauptstadt Bangkok, kann sich zwar aller Voraussicht nach auf eine breite Mehrheit stützen, doch musste die PPP bereits auf Druck der Bündnispartner akzeptieren, dass die Strafverfolgungsbehörden weiter daran arbeiten dürfen, dem unter Korruptionsvorwurf stehenden Thaksin den Prozess zu machen. Eigentlich wollte die Volksmacht-Partei bei einem Wahlsieg die entsprechenden Sonderermittlungsorgane auflösen.

Der ehemalige Premier selbst ist fünf Jahre von allen politischen Ämtern ausgeschlossen, doch im Hintergrund zieht er weiter die Fäden in der PPP. Das Bündnis mit seinen Getreuen ist in einigen der anderen Gruppen nicht unumstritten. Der stellvertretende Vorsitzende der Chart Thai warf seinem Parteichef Banharn Silpaarcha am Wochenende Wortbruch vor. Der Politikveteran, vor Jahren selbst einmal eine Weile Regierungschef, hatte vor der Wahl noch getönt, auf keinen Fall mit der Thaksin-Nachfolgepartei zusammenarbeiten zu wollen. Doch wie in Thailand üblich, bewirkte die Aussicht auf lukrative Ämter schnell einen Stimmungsumschwung. Banharn könnte im Kabinett womöglich Samaks Stellvertreter werden.

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