Mit der Knolle auf Entdeckungstour

In Brandenburg wurde der »Kartoffelbefehl« vom Alten Fritz neu ausgerufen

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 3 Min.

»Jeder soll nach seiner Facon selig werden«, ließ der Alte Fritz die Welt wissen. Doch bei seinen Untertanen soll er ein bisschen nachgeholfen haben. Nachdem er es eine Weile mit angesehen hatte, dass sie lieber weiter hungerten, als die Kartoffel zu essen, die er gratis verteilen ließ, soll er sein Volk per Dekret am 24. März 1756 angewiesen haben, die Knolle überall anzubauen. Als sich dennoch viele dem Befehl widersetzten, griff er zu einer List, heißt es. Er habe Versuchsfelder anlegen und von seinen Soldaten streng bewachen lassen. Das habe die Bauern auf den Plan gerufen, denn was so streng beschützt wird, müsse wertvoll sein, und sie hätten die Erdäpfel geklaut, wann immer sie ihrer habhaft wurden. Ein Anfang war gemacht! Außerdem soll Eff Zwo durch eine persönliche Werbemaßnahme der Kartoffel langsam aber sicher in die Kochtöpfe seiner Untertanen verholfen haben. Wann immer er auf Inspektionsreisen durchs märkische Land ging, wissen die Geschichtenerzähler, bestellte er demonstrativ im jeweiligen Dorfgasthaus Kartoffelgerichte und lobte sie über den grünen Klee – egal wie scheußlich sie auch schmeckten.

Ob sich alles wirklich so zugetragen hat, ist natürlich nicht verbürgt, doch eines stimmt: Nach dem Siebenjährigen Krieg, der 1763 zu Ende ging, hatte sich der Erdapfel als Grundnahrungsmittel in Preußen durchgesetzt.

Heute ist die Kartoffel längst mehr als nur eine »Sättigungsbeilage«. In Brandenburg, von wo aus sie ihren Siegeszug in die deutschen Küchen antrat, huldigt man ihr seit Jahren mit vielen Aktionen. Sogar als touristisches Aushängeschild macht sie eine gute Figur. Beispielsweise in der Uckermark, wohin alljährlich im Oktober eine immer größer werdende Fangemeinde pilgert, um bei den traditionellen »Nudlwochen« sich durch Berge von Bratkartoffeln, Kartoffelklößen oder Kartoffelbrei zu schlemmen. Neulinge werden gern darüber aufgeklärt, dass es mit der Nudl schon seine Richtigkeit hat, denn seit die Hugenotten ab 1690 in dieser Region sesshaft wurden, heißt hier die Knolle eben Nudl, was wahrscheinlich von »Nouelle« kommt, wie der Erdapfel bei den Hugenotten hieß.

Im Fläming kann man ganzjährig auf eine »Kulinarische KartoffelTour« gehen und dabei nicht nur Gaumenfreuden genießen, sondern sich aktiv mit der gesunden Knolle durch die Region bewegen. Viele Hoteliers bieten sogar mehrtägige Rund-um-die-Kartoffel-Pakete an. Das reicht von Radtouren auf den Spuren des Erdapfels, über Möglichkeiten, bei der Ernte zu helfen oder sich selbst seinen Wintervorrat zu sammeln bis hin zum gemeinsamen Kochen von Gerichten mit Profiköchen und Kartoffeldruck für die Jüngsten.

Und dann ist da noch die Markenkooperation »Brandenburger Landgasthöfe«, die sich nicht nur der Kartoffel, sondern insgesamt der regionalen Küche verschrieben hat. Die Landgasthöfe haben auf der noch bis Sonntag stattfindenden Internationalen Grünen Woche in Berlin den »Kartoffelbefehl« vom Alten Fritz neu ausgerufen. 2008, im UNESCO-Jahr der Kartoffel, wollen sie gemeinsam mit ihren Gästen ein UNESCO-Projekt unterstützen. Dazu hat sich jeder der 20 Mitgliedsbetriebe ein besonderes Kartoffelgericht ausgedacht, das auf den Speisekarten als »UNESCO-Teller« speziell ausgewiesen wird. Bei jeder Bestellung des Gerichts gehen zehn Prozent des Preises auf ein Spendenkonto zugunsten einer SOS-Kinderdorf-Klinik in Togo. Im kommenden Jahr zur Grünen Woche soll das Geld überreicht werden.

Vielleicht ist die Aktion ja ein guter Grund, mal wieder auf kulinarische Landpartie zu gehen. Wohin, das findet man in der gerade erschienen Broschüre der Brandenburger Landgasthöfe, in der sie sich und jeweils ein typisches regionales Rezept vorstellen.

• Infos: TMB Tourismus Marketing Brandenburg GmbH, Am Neuen Markt 1, 14467 Potsdam, Tel.: (0331) 200 47 47, Fax: (0331) 298 73 28, www.reiseland-brandenburg.de
• Die Broschüre Brandenburger Landgasthöfe erhält man beim Verband zur Förderung des ländlichen Raumes im Land Brandenburg e.V., Dorfstr. 10, 14513 Teltow-Ruhlsdorf, Tel: (03328) 33 767-0,Fax: -69, www.proagro.de
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