Nur für deutsche Männer

Die Deutsche Burschenschaft dominieren Gruppen, die immer noch von den »Ostgebieten« träumen

  • Jörg Kronauer
  • Lesedauer: 3 Min.
Bis zum 2. März findet in Berlin eine Verbandstagung der völkischen Deutschen Burschenschaft statt. Als größter und politisch einflussreichster Dachverband studentischer Verbindungen steht sie für ein konservatives bis neofaschistisches Spektrum.

Den Grundton, von dem die Deutsche Burschenschaft (DB) ausgeht und zu dem sie stets wieder zurückkehrt, schlägt die Burschenschaft Hilaritas Stuttgart im »Liederbuch« auf ihrer Website an. Hilaritas führt zur Zeit den Vorsitz in der DB, dem Dachverband von rund 115 aktiven Burschenschaften aus Deutschland und Österreich. »Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt«, liest man in diesem Liederbuch, und das passt zu den Burschenschaften, die das deutsche völkische Denken als ihr Grundprinzip in der DB-Verfassung festgeschrieben haben. »Pflicht« der DB ist demnach, »das dauernde rechtsstaatliche Wirken für die freie Entfaltung deutschen Volkstums in enger Verbundenheit aller Teile des deutschen Volkes, unabhängig von staatlichen Grenzen«.

Völkisches Denken bildet den Kern des »burschenschaftlichen Selbstverständnisses«, um das sich die heute beginnende Verbandstagung der DB dreht. Rund 2500 aktive und 12 500 ehemalige Studenten (»Alte Herren«) gehören den burschenschaftlichen Lebensbünden an, sämtlich Männer und alle, wie es das völkische Denken verlangt, nach Abstammungskriterien deutsch.

Ihre ideologischen Grundlagen bezog schon die erste, 1815 gegründete Burschenschaft aus der völkischen Bewegung, die sich kurz zuvor im Kampf gegen das napoleonische Frankreich geformt hatte. Die Traditionsvereine der DB klammern sich bis zum heutigen Tag nicht nur an altertümliche Trink- und Feierriten und Zweikämpfe mit scharfen Fechtwaffen (»Mensuren«), sondern vor allem auch an das völkische Prinzip. Demnach gehören etwa die deutschsprachigen Teile Ostbelgiens genauso dem »deutschen Volk« wie Norditalien (»Südtirol«), Teile Polens (»Schlesien«) und einige weitere Gebiete außerhalb der Bundesrepublik.

»Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt« reicht Deutschland denn auch laut dem Liederbuch der Hilaritas. Die Frage ist nur: Was bedeutet das konkret? Gemäßigt-völkische Burschenschafter sprechen gerne von einer grenzüberschreitenden deutschen »Kulturnation«, die in einem geeinten Europa informell verbunden sei, den Kontinent dominiere und des staatlichen Zusammenschlusses nicht mehr bedürfe.

Das stößt bei radikal-völkischen Burschenschaftern auf Protest. So hält es die »Burschenschaftliche Gemeinschaft« (BG), ein innerverbandlicher Zusammenschluss von rund 40 Burschenschaften am rechten Rand der rechten DB, für »grundlegend«, »dass keine Abtretung der Ostgebiete stattgefunden hat, sondern dass sich diese Gebiete im Schwebezustand befinden«. Die BG nimmt erklärtermaßen keine Rücksicht »auf staatliche Gebilde und deren Grenzen«.

Seit Mitte der 1990er Jahre hat die BG innerverbandliche Mehrheiten sicher, seit einigen Jahren dominiert sie völlig. So konnten 2005 laut einem Bericht der »Jungen Freiheit« BG-Kandidaten »erstmals alle Schlüsselpositionen in der Deutschen Burschenschaft übernehmen«. Damit wurden die verbliebenen gemäßigt-völkischen Burschenschaften so weit marginalisiert, dass die Vertretung ihrer Positionen durch die DB nicht mehr gesichert ist. Dies bedroht den »innerverbandlichen Zusammenhalt«, der daher an diesem Wochenende auf der Tagesordnung steht.

Die aktuelle Stärke der Radikal-Völkischen in der DB mögen drei Burschenschafter exemplarisch verdeutlichen. Jürgen W. Gansel, NPD-Bundesvorstandsmitglied und Landtagsabgeordneter in Sachsen, gehört der Burschenschaft Dresdensia Rugia aus Gießen an. Mitglied einer anderen Gießener Burschenschaft, der Germania, ist der REP-Vorsitzende Rolf Schlierer. Schlierer musste sich vor etwas über einem Jahr in einem Machtkampf gegen einen gewissen Björn Clemens behaupten, der die REPs noch weiter nach rechts ausrichten wollte. Clemens gehört der Burschenschaft Rheinfranken aus Marburg an. Seit seiner Niederlage orientiert er sich am letzten Schrei der Szene, an den »Pro«-Gruppie- rungen: Er sympathisiert mit »Pro NRW«. Das sichert die burschenschaftliche Präsenz auch in diesem Teil der extremen Rechten.

Demo »Den rechten Konsens brechen« gegen die DB-Tagung,
1. März, 19 Uhr, Berlin, U-Bhf. Uhlandstraße.

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