Merkel sondierte in Moskau

Kanzlerin traf Präsident Putin und seinen Amtsnachfolger Medwedjew

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 2 Min.

Blumen für die Kanzlerin gab es bei Angela Merkels Blitzbesuch in Moskau am Sonnabend gleich von zwei Präsidenten: von Wladimir Putin, dem scheidenden und von Dmitri Medwedjew, der am 2. März gewählt wurde und am 7. Mai den Amtseid auf Russlands Verfassung ablegen wird. Den Kuss auf die Wange – bei Glückwünschen zum Internationalen Frauentag hierzulande sonst durchaus üblich – verkniffen sich indes beide Politiker. Obwohl Merkel mit russischen Sitten durchaus vertraut ist. Immerhin hatte der Westen sie in gleicher Mission losgeschickt wie vor acht Jahren Tony Blair. Der damalige Britenpremier sollte seinerzeit erkunden, wer Putin ist und wofür er steht. Blair irrte sich gründlich.

Damit Merkel bei dem Rätselraten um Medwedjew und dessen Absichten solch Ungemach erspart bleibt, machten die Gastgeber von Anfang an etwaige Blütenträume zunichte. Der Westen, so Putin, sei nicht gut beraten, wenn er glaube, es mit dem Neuen leichter zu haben als mit dem scheidenden Staatschef. Medwedjew werde sich wie er selbst »im guten Sinne als russischer Nationalist erweisen«. Er sei »ein wahrer Patriot, der die Interessen seines Landes auf der internationalen Bühne aktiv wahrnehmen wird«. »Ich habe mir verkniffen zu sagen, dass ich hoffe, dass es aber auch nicht schwerer wird«, meinte Merkel, kurz bevor sie mit dem designierten Nachfolger in Schloss Maiendorf an der Rubljowka, dem Reichen-Viertel im Moskauer Nordwesten, zu einem ersten Vier-Augen-Gespräch zusammentraf. Ganz konnte offenbar auch Medwedjew die Zweifel nicht weglächeln. Trotz Merkels positiver Bilanz der deutsch-russischen Beziehungen. Und obwohl Putin sich auf beider Abschlusspressekonferenz sehr viel konzilianter gab als bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen im Herbst in Wiesbaden oder gar beim Russland-EU-Gipfel im Mai 2006 in der Wolgastadt Samara, wo beide hart aneinander gerieten. Die damaligen Stolpersteine indes konnten auch am Wochenende weggeräumt werden.

Zwar versprach Merkel, sich bei Schweden, Polen und den baltischen Staaten dafür einzusetzen, dass Hindernisse für den Bau der Nordeuropäischen Gaspipeline ausgeräumt werden. Anderen europäischen Staaten, so die Kanzlerin, dürften aus dem deutsch-russischen Projekt jedoch »keine Nachteile« entstehen.

Zu den globalen Problemen gab es dagegen, wenn überhaupt, Annäherung nur im Nano-Bereich: Das betraf Kosovo, Iran, US-Raketenabwehrplan und NATO-Osterweiterung, mit der der Westen aus russischer Sicht versucht, die UNO zu demontieren. Zumal Russland, wenn es darum geht, eigene Interessen durchzusetzen, durchaus Erfolg hat: Der NATO-Beitritt Georgiens, für den Präsident Michail Saakaschwili sich abstrampelt, steht bei der Jahreskonferenz der Allianz im April nicht mal auf der Tagesordnung. Und Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine sollen erst nach einem Referendum beginnen. Das indes, so Umfragen, dürfte eine klare Absage erteilen.

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