Liebe als Exklusivangebot

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Soziologe Gerhard Amendt kommt im Mai nicht nach Osnabrück. Damit hat ein weiterer prominenter jüdischer Repräsentant seine Teilnahme am 97. Deutschen Katholikentag abgesagt. Der Grund in allen Fällen: die von Papst Benedikt XVI. neu gefasste Karfreitagsfürbitte in der lateinischen Messe. Darin wird »für die Juden« gebetet: »Dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen.« Ein klarer Aufruf zur Judenmission, auch wenn der Vatikan das bestreitet. Amendt wirft dem Papst gar vor, durch den von ihm abgesegneten Text gelangten »antijüdische Ressentiments bis hin zur Tötung der ›Christusmörder‹ wieder zu Amt und Würde«.

Dass Joseph Ratzinger als Kirchenoberhaupt derart brachial agiert, ist angesichts seiner Karriere als Großinquisitor alles andere als überraschend. Dessen ungeachtet bemühten sich die meisten Medien geradezu verzweifelt, ihn als »Papst der Liebe« zu glorifizieren. Doch die Liebe Gottes ist für Ratzinger ein Exklusivangebot für Katholiken, ein Vehikel, um Macht und Herrlichkeit der Papstkirche zu restaurieren. Sein Rückgriff auf antijudaistische Traditionen ist dabei so erschreckend wie konsequent. Denn mit der Abgrenzung zu Andersgläubigen und Anderskonfessionellen soll die Ausschließlichkeit der zunehmend angezweifelten Lehre Roms gestärkt werden. Deshalb Ratzingers Beharren auf der Vorrangstellung des Papstes nicht nur für Katholiken und die Anmaßung, einzig die katholische Kirche stehe in der Nachfolge Jesu. Zu Ostern taufte der Papst öffentlich einen ehemaligen Muslim. Vielleicht vollzieht er diese Demonstration ja nächstes Jahr an einem konvertierten Juden.

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