Deutschland schafft Sprung ins Halbfinale

DFB-Team besiegt dank einer überragenden Mannschaftsleistung Portugal im ersten Viertelfinale mit 3:2

Die deutsche Nationalmannschaft steht nach einem Sieg gegen Portugal im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft. Alles Bangen in der Heimat, alles Grübeln im Blätterwald, alles Barmen um den Tribünenaufenthalt des Bundestrainers und die dadurch womöglich geminderte Leistungsfähigkeit der DFB-Auswahl, ist nach einem großen Fußballabend gestern obsolet. Mit 3:2 (2:1) gewannen die Deutschen vor knapp 40 000 Zuschauern im berstend vollen Basler St. Jakob Park das erste Viertelfinale dieser EM gegen die Titelfavoriten um Superstar Cristiano Ronaldo – dank einer überragenden Mannschaftsleistung.

Dass Bundestrainer Joachim Löw von seinem Tribünenplatz nicht eingreifen konnte, schwächte die DFB-Elf nicht. Hinter dicken Glasscheiben konnte der Bundestrainer von oben ansehen, wie seine Ideen auf dem Rasen umgesetzt wurden. Dort unten agierte eine Mannschaft, die in keiner Weise mehr an jenes schaumgebremste Auftreten bei den beiden vergangenen EM-Spielen erinnerte.
Mit einer raffinierten Umstellung hatte Löw die Portugiesen ausgetrickst. Er hatte sich die offensivstärkste Mannschaft des Turniers zum Vorbild genommen und sein Team im holländischen Spielsystem auflaufen lassen, einem 4-2-3-1. Klose spielte die einsame Spitze, direkt hinter ihm agierten ein offensivstarker Michael Ballack sowie an den Seiten Podolski und der überragende Bastian Schweinsteiger. Dahinter gaben der erstmals eingesetzte Simon Rolfes und Thomas Hitzlsperger eine anfangs so perfekte Doppel-Sechs im Zentrum, dass man kaum glauben konnte, dies seien nur die Ersatzleute für Ballack und Torsten Frings, der wegen seiner Rippenverletzung nicht spielen konnte.
Die Portugiesen mit ihren Mittelfeld-Zauberern Deco und Cristiano Ronaldo wirkten konsterniert, griffen zu spät an und verloren in der Vorwärtsbewegung immer wieder den Ball. Folgerichtig das 1:0 für Deutschland in der 22. Minute: Podolski und Ballack spielen Doppelpass, Podolski flankt von der Grundlinie und Schweinsteiger überwindet Ricardo aus Nahdistanz, sein vierter Länderspieltreffer gegen den Keeper von Real Betis Belompie, nach seinen drei Toren im kleinen WM-Finale 2006.

Schon vier Minuten später können sich die Deutschen erneut umarmen: Freistoß Schweinsteiger, der ungedeckte Miroslav Klose steigt hoch und trifft aus fünf Metern zum 2:0. Die deutschen Fans im Stadion, erstmals deutlich in der Überzahl, stimmten im Überschwang die Nationalhymne an.
Doch Portugal besann sich, Simao und Deco nahmen sich des Mittelfeldes an. Das erweckte scheinbar auch die Lebensgeister beim bis dahin blassen Cristiano Ronaldo: Aus zehn Metern scheiterte er noch am gestern überzeugenden Jens Lehmann, den Nachschuss stocherte Nuno Gomes ins Tor. Das 1:2 nach 40 Minuten.

Mit der Halbzeit kam der Regen und das Spiel verlor für einen Moment an Klasse. Doch nur für eine Viertelstunde. Dann brachte eine Kombination der beiden besten Deutschen die Vorentscheidung. Erneut Freistoß, erneut Schweinsteiger, und diesmal trifft der Kapitän: Ballack per Kopf zum 3:1.
Die Vorentscheidung in der 61. Minute? Fast. In der 87. Minute wird’s noch mal spannend, weil der engewechselte Helder Postiga per Kopf plötzlich noch den Anschlusstreffer erzielt. Doch die Bemühungen von Portugal noch den Ausgleich zu erzielen, laufen ins Leere. Als der Schlusspfiff ertönt, reißen die Deutschen die Arme hoch. Sie und nicht die Stars des großen Favoriten stehen im Halbfinale am kommenden Mittwoch in Basel. Und plötzlich sind die Aussichten wieder bestens.
Portugal: Ricardo - Ferreira, Carvalho, Pepe, Bosingwa - Moutinho (31. Meireles), Petit (73. Postiga) - Simao, Deco, Ronaldo - Gomes (67. Nani).

Deutschland: Lehmann - Friedrich, Mertesacker, Metzelder, Lahm - Schweinsteiger (83. Fritz), Rolfes, Ballack, Hitzlsperger (73. Borowski) - Klose (89. Jansen), Podolski.

Tore: 0:1 Schweinsteiger (22.), 0:2 Klose (26.), 1:2 Gomes (40.), 1:3 Ballack (61.) 2:3 Postiga (87.). SR: Fröjdfeldt (Swe). Zu.: 39 730.
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