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Außenpolitik für den Frieden

Um dem Ziel globaler sozialer Gerechtigkeit näher zu kommen, ist ein umfassender Ansatz erforderlich

  • Wolfgang Strengmann-Kuhn
  • Lesedauer: 4 Min.

Im Folgenden soll Außenpolitik breit als internationale Politik verstanden werden, Außenpolitik für den Frieden mehr umfassenen als nur Sicherheits- oder Anti-Kriegspolitik. Grundsätzlich ist eine Art der Außenpolitik notwendig, die wegkommt vom Ziel der vorrangigen nationalen Interessenvertretung hin zu einem multilateralen, globalen Ansatz, bei der internationale Politik als Weltinnenpolitik verstanden wird, die gemeinsamen Interessen wie dem Frieden in der Welt, dem Klimaschutz oder einer gerechten Weltwirtschaftsordnung dient.

Dafür ist zunächst wichtig, sich klar zu machen, was Ursachen für Kriege und militärische Konflikte sind. Ein wesentlicher Punkt sind weltweite Ungerechtigkeiten: die Ungleichheit zwischen reichen und armen Staaten, Mangel an Selbstbestimmung, Ungleichheit innerhalb der Länder und Armut in vielen Ländern – materielle Armut, Hunger, fehlende Bildung, mangelnde Gesundheitsversorgung. Der Zugang zu Ressourcen wird in nächster Zeit eine häufigere Ursachen von Konflikten sein: Rohstoffe, Energie, Wasser, fuchtbares Land. Der Klimawandel wird diese Konflikte noch verschärfen.

Aktive Klimaschutzpolitik ist somit auch ein wichtiger Beitrag für den Frieden in der Welt, ebenso wie eine umfassende Energieaußenpolitik, die nicht die eigenen, nationalen Interessen in den Fokus setzt, sondern darauf baut, dass wir unabhängig von Öl, fossilen Energieträgern und Uran werden. In Bezug auf die armen Länder muss betont werden, dass diese ein Recht auf wirtschaftliche Entwicklung haben.

Hier muss von vornherein auf den Ausbau nachhaltiger, erneuerbarer Energiequellen und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch gesetzt werden. Außerdem ist eine flächendeckende Energieversorgung in den ärmeren Ländern wichtig, um Ungleichheiten und Armut zu überwinden. Eine veränderte Energieaußenpolitik ist also ein Beitrag für mehr soziale Gerechtigkeit.

Um dem Ziel globaler sozialer Gerechtigkeit näher zu kommen, ist ein umfassender Ansatz zur Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte erforderlich: das Recht auf Nahrung, auf Wohnen, auf Zugang zu Wasser, auf Zugang zur Gesundheitsversorgung, auf soziale Sicherung, eine Stärkung von Rechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, ein Recht auf Bildung, das Recht auf politische Beteiligung und auf soziale und kulturelle Teilhabe. Eine Außenpolitik für den Frieden muss darüber hinaus den Zugang zu Energie, das Recht und die Möglichkeit von Mobilität und das Recht auf ein Leben in einer intakten Umwelt gewährleisten. Das Recht auf soziale Sicherung beinhaltet für mich auch das Recht auf ein Grundeinkommen.

Notwendig sind darüber hinaus umfassende Anstrengungen zur ökonomischen Entwicklung der armen Länder, z.B. in Form eines globalen Marshallplans, und der Aufbau von staatlicher Infrastruktur, insbesondere des Rechtswesens, effektiver und effizienter Regierungsstrukturen und sozialer Sicherungssysteme. Frauen werden zur Zeit besonders bezüglich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte benachteiligt. Gleichzeitig sind Frauen besonders wichtig für die ökonomische Entwicklung eines Landes wie viele Beispiele zeigen. Dem muss in besonderer Weise entsprochen werden.

Last not least brauchen wir Regeln für den globalen Kapitalismus, insbesondere ökologische und soziale Regeln und Rahmenbedingungen, sowie eine Regulierung der Finanzmärkte. Nur durch einen solchen umfassenden Ansatz ist eine gerechte Weltwirtschaftsordnung herzustellen.

Neben diesen grundsätzlichen Ansatzpunkten sind zur Vermeidung von Kriegen und militärischen Auseinandersetzungen Maßnahmen notwendig, die Konflikte im Ansatz erkennen und eine Eskalation verhindern, also ein verstärkter Ausbau der Krisen- und Konfliktprävention. Und wir brauchen wieder eine Politik der Abrüstung, und zwar der nuklearen, mit dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt, aber auch der konventionellen Rüstung. Das ist auch notwendig, um finanzielle Ressourcen für die anderen genannten Maßnahmen frei zu machen.

Um eine solche Politik durchzusetzen, ist insbesondere eine Stärkung der UNO und ihrer Organisationen notwendig. Aber auch die Rolle der EU muss gestärkt und noch deutlicher auf eine internationale Politik ausgerichtet werden, die Frieden, Menschenrechte, Umweltpolitik und globale soziale Gerechtigkeit zum Ziel hat. Dieses muss einhergehen mit einer breiten sozialen Bewegung, die Druck sowohl auf die nationale wie auch auf die internationale Politik macht, wozu eine internationale Vernetzung notwendig ist. Eine verbesserte Vernetzung ist aber auch in der Hinsicht notwendig, dass Initiativen, die sich in der Regel jeweils nur auf einzelne Aspekte, beispielsweise Gesundheitsversorgung, gerechte Weltwirtschaft, Recht auf Nahrung, Rechte von Frauen, Rechte von ArbeitnehmerInnen etc., konzentrieren, besser kooperieren und gemeinsam für globale und umfassende wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte eintreten, um so die Grundlage für Frieden in der Welt zu schaffen.

Der Autor ist Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler und Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen.

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