Auch Parteilinke wollen Fall Clement runterkochen

Beck: Führung wird juristischem Streit um Ausschluss beitreten

  • Lesedauer: 3 Min.
Über den Parteiausschluss des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers und NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement ist in der SPD ein heftiger Streit entbrannt.

Berlin (dpa/AFP/ND). Clement meldete sich am Freitag erstmals selbst zu Wort: »Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in der Partei Willy Brandts so gering geschätzt wird.« Parteichef Kurt Beck rief die SPD zu »Besonnenheit und Verantwortung« in der Debatte auf. Er kündigte an, dass die Bundes-SPD dem Schiedsverfahren gegen Clement beitreten werde, um das »Interesse der Gesamtpartei« wahrzunehmen. Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ludwig Stiegler, sprach in Interviews von einer »krassen Fehlentscheidung« der Schiedskommission in Nordrhein-Westfalen.

Diese hatte am Donnerstag bekanntgegeben, den Ausschluss Wolfgang Clements beschlossen zu haben. Grund ist der Vorwurf parteischädigenden Verhaltens. Clement hatte vor der Landtagswahl von Hessen im Januar indirekt aufgerufen, die Kandidatin der SPD, Andrea Ypsilanti, wegen ihres Kurses in der Energiepolitik nicht zu wählen. Clements Anwalt, der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), will den Beschluss nun vor der Bundesschiedskommission der SPD anfechten.

Der stellvertretende SPD-Chef Peer Steinbrück stellte sich klar hinter den früheren Bundeswirtschaftsminister. »Die SPD und Wolfgang Clement müssen einander aushalten«, erklärte Steinbrück am Freitag in Berlin. Die SPD könne ihren Charakter als Volkspartei nur beibehalten, »wenn sie in ihren Reihen über ein breites Spektrum an Meinungen und Persönlichkeiten verfügt«. Nur das mache die SPD mehrheitsfähig. Clement habe »erhebliche und beachtenswerte Leistungen« erbracht und sich um die SPD verdient gemacht. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, nannte das Verhalten der Schiedskommission »parteischädigend«. Wer einen Mann wie Clement ausschließe, »hat nicht mehr alle Tassen im Schrank«, sagte er im WDR.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium, der SPD-Linke Michael Müller, nannte dagegen das Verhalten Clements nicht akzeptabel. Man räume aber Clement mit dem Ausschluss eine Bedeutung ein, die er nicht mehr habe: »Dessen Zeit ist vorbei«, sagte Müller im RBB. Deshalb solle man den Fall Clement schnell »abhaken«. »Die Aufregung um seinen möglichen Parteiausschluss schadet eher der SPD«, sagte er. Ähnlich äußerte sich der schleswig-holsteinische SPD-Landeschef Ralf Stegner. »Die Gegner sind nicht in der eigenen Partei«, sagte er am Freitag im ZDF-»Mor- genmagazin«. Clement sei ein »Politpensionär«, eine anhaltende Debatte über seinen Ausschluss sei daher überflüssig. Clement habe das Recht, eigene Meinungen zu vertreten und sich für Atomenergie auszusprechen. »Was man nicht darf, ist, kurz vor Wahlen aufzurufen, die politische Konkurrenz zu wählen.«

Begrüßt wurde der Ausschluss-Beschluss von SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer. »Mit seinem Namen und seiner Reputation als ehemaliger SPD-Vize und Bundesminister hat Clement eine Woche vor einer Landtagswahl dazu aufgerufen, nicht die SPD zu wählen.« Damit habe er der »Partei bewusst geschadet«, sagte er der »Frankfurter Rundschau«. Johano Strasser, Mitglied der SPD-Grundwertekommission, warf Clement deswegen »Illoyalität gegenüber der Partei« vor. »Das kann keine Partei hinnehmen.«

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