Ende der Gastfreundschaft

Köln wehrt sich gegen europaweiten Kongress von Rechtsextremen

  • Steffi Holz
  • Lesedauer: 3 Min.
In Köln mobilisieren verschiedene Bündnisse gegen ein Vernetzungstreffen europäischer Rechtsextremisten, das im September in der Stadt stattfinden soll.
Blockadeübung für die Ankunft der Rechtsextremen
Blockadeübung für die Ankunft der Rechtsextremen

Hinsetzen, unterhaken, Blöcke bilden, sich wegtragen lassen und schwer machen. Diese Formen des zivilen Ungehorsams übten Aktivisten am vergangenen Wochenende in der Kölner Innenstadt. Ungefähr 70 meist junge Leute waren gekommen und hatten viel Spaß dabei. Eingeladen hatte das »Bündnis gegen pro Köln / pro NRW«, das bereits von über 200 Organisationen, Bands und Kneipen sowie Einzelpersonen aus Politik und Kultur unterstützt wird. Das im März gegründete Bündnis ruft dazu auf, den sogenannten »Anti-Islamisierungskongress« der selbsternannten Bürgerbewegung und Partei »Pro Köln« Mitte September zu verhindern.

Die Rechtspopulisten, die der Verfassungsschutz beobachtet, sitzen seit 2004 im Stadtrat und hetzen unverhohlen gegen Minderheiten, Moscheebauten und soziale Projekte wie etwa die Drogenhilfe oder den Roma-Verein Rom e.V.

Zu der bisher größten Veranstaltung dieser Art in Europa erwarten die Anhänger von »Pro Köln« und ihr Landesverband »Pro NRW« zwischen dem 19. und 21. September hochrangige Politiker rechtsextremer Parteien. So sollen auf der öffentlichen Kundgebung am 20. September Abgeordnete aus Frankreich (Front National), Österreich (FPÖ), Belgien (Vlaams Belang), Italien (Lega Nord), Großbritannien (British National Party), den USA, Spanien und Ungarn sprechen. Der britische Holocaust-Leugner Nick Griffin wurde nach heftigen öffentlichen Protesten wieder ausgeladen, denn das passt nicht zu einer Partei, die in der bürgerlichen Mitte auf Wählerfang geht. Zumal die Veranstaltung den Auftakt für die Kommunalwahlen im kommenden Jahr bilden soll.

Unter dem Deckmantel einer Kritik an der vermeintlichen »Islamisierung Europas« wollte »Pro Köln« am liebsten vor der Domkulisse gegen Minderheiten hetzen. Darauf müssen sie zwar verzichten. Allerdings soll die Abschlussveranstaltung nun gegenüber auf dem Heumarkt stattfinden dürfen, wie die Pro-Bewegung nach eigenen Angaben am Mittwoch mit der Polizei vereinbarte.

Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) forderte alle Kölner auf, aus Protest gegen den Kongress an diesem Tag ihre Fenster und Türen zu schließen. Das bürgerliche Lager um den DGB versucht derzeit, den Kongress auf juristischem Wege zu verhindern und sammelt in Gewerkschafts- und Kirchenkreisen sowie bei den Grünen und der Kölner SPD Unterschriften gegen die Veranstaltung. Sollte es kein Verbot geben, ist eine große Gegendemonstration geplant.

Das Links-Bündnis »Gegen pro Köln / pro NRW« ruft zu Straßenblockaden auf und mobilisiert auch international, um »mit einer organisierten Verstopfung der Stadt, diese ungebetenen Gäste« daran zu hindern, den Veranstaltungsort zu erreichen. Seit Juni findet dazu eine Infotour durch die Bundesrepublik statt. Weitere Blockadetrainings wie das vom vergangenen Wochenende sind ebenfalls bundesweit geplant.

Am ersten Septemberwochenende wird außerdem eine antifaschistische Konferenz unter dem Motto »Feel the Difference« zum Thema Rechtspopulismus und Islamkritik stattfinden. Ein Bündnis »KölnerKneipenKultur gegen Nazis« will auf Plakaten, Bierdeckeln und bei Veranstaltungen im Vorfeld deutlich machen, dass es bei ihnen »Kein Kölsch für Nazis« gibt. Auch SchülerInnen machen seit Langem mobil, so bei der Aktion »Gesicht zeigen« an Kölner Schulen und als landesweite Initiative »Schüler gegen Rechts«, die am 6. September zu einem »Tag gegen Rechts« aufruft.

Pro Köln deutet auf seinen Internetseiten die vielfältigen Proteste gegen seine Veranstaltung positiv als Werbung für sich, und rechnet mit mehr als 1000 Teilnehmern bei der Kundgebung in der Innenstadt. Angesichts der breiten Gegenmobilisierung ist jedoch mit sehr viel mehr Widerstand zu rechnen, als sie es sich bisher noch träumen lassen.

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