Boliviens Rechte probt den Aufstand

Präsident Evo Morales warnt vor Bürgerkrieg und verweist US-Botschafter des Landes

  • Benjamin Beutler
  • Lesedauer: 3 Min.
In Bolivien verschärft sich der Konflikt zwischen sozialistischer Regierung und separatistischen Tiefland-Präfekten. Die Regierung fürchtet einen Staatsstreich.

Boliviens Präsident Evo Morales bleibt nicht tatenlos: Angesichts gewalttätiger Proteste der letzten Tage in den Departamentos Santa Cruz, Beni, Pando, Tarija und Chuquisaca und offener Rebellion gegen die Zentralregierung in La Paz erklärte Morales den Chef der US-Botschaft Phillip Goldberg zur »persona non grata«. Er habe sich aktiv in die inneren Angelegenheiten Boliviens eingemischt, und stehe unter dem Verdacht »gegen die Demokratie zu konspirieren und die Teilung des Landes zu suchen«, so Morales am Mittwoch.

»Die Pflicht der Regierung ist es, die nationale Einheit zu verteidigen«, begründete der erste indigene Präsident des Kontinents die Ausweisung Goldbergs. Zum ersten Mal in der Geschichte Boliviens verweist ein Präsident einen US-Botschafter des Landes. Goldberg, der in den 90er Jahren wichtige diplomatische Funktionen in Ex-Jugoslawien (Bosnien und Kosovo) innehatte, sei ein »Experte in Sachen Separatismus«. Ein Jahr nach dem Wahlsieg der »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) 2005 sei er nach Bolivien entsandt worden, um im oppositionell dominierten Tiefland die regierungsfeindliche Autonomiebewegung zu unterstützen.

Immer wieder hatte sich Goldberg mit den rechten Präfekten getroffen, auch nach dem ausdrücklichen Verbot durch Boliviens Staatschef. »Ich bitte unseren Außenminister, dem Botschafter heute eine Note zu überbringen, damit dieser unmittelbar in sein Land zurückkehrt«, so Morales.

Die MAS-Führung sieht zwischen den Protesten und den diplomatischen Aktivitäten Goldbergs einen engen Zusammenhang. Die Opposition wolle das Land in einen Bürgerkrieg stürzen. Seit Wochenbeginn hatten Stoßtrupps der rechtsradikalen »Jugendunion Santa Cruz« (UJC) und Anhänger der regierungsfeindlichen Präfekturen im ganzen Tiefland damit begonnen, staatliche Institutionen und öffentliche Einrichtungen gewaltsam zu besetzen. Sie erklärten die Umsetzung der departamentalen »Autonomie« und forderten die Kontrolle sämtlicher Behörden. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei und MAS-Sympathisanten. In den letzten Tage wurden über hundert Menschen zum teil schwer verletzt. Die UJCler gelten als gewalttätiger Arm der Präfekturen. In der Vergangenheit waren sie für unzählige rassistisch motivierte Übergriffe auf indigene Bolivianer verantwortlich.

Trotz der Warnung von Präsident Morales, man sei derzeit Zeuge vom »Beginn eines zivilen Staatsstreiches« wurde entgegen der Behauptung der Opposition von der Ausrufung eines Ausnahmezustandes und Verhängung des Kriegsrechts abgesehen. Die Polizei lässt die Autonomiebewegung gewähren und hat die Order, keine scharfen Waffen gegen Randalierer und Plünderer einzusetzen.

Rubén Costas, schärfster Widersacher der »demokratisch-kulturellen Revolution« des MAS, deklarierte die Zerstörung der Büros der Steuerbehörde, des Instituts für Landreform (INRA) und der Büros der Anfang des Jahres verstaatlichten Telekommunikationsunternehmens ENTEL als einen »Akt des Volkes gegen die Diktatur der Regierung«. Es beginne in Santa Cruz der »wahre Sozialismus«, sagte Rubén Costas. Die sozialen Bewegungen kündigten derweil Widerstand an und bereiten die Einkesselung von Santa Cruz vor.

Kommentar Seite 8

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal