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Bundestag beschließt Erhöhung des Kindergelds und geringere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

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Das Bundeskabinett hat am Mittwoch Entlastungen für Familien und Arbeitnehmer beschlossen. Das Kindergeld soll ab Januar 2009 steigen. Daneben beschloss das Kabinett die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und eine Anhebung des Kinderfreibetrags bei der Steuer. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen. Kirchenvertreter und Linkspartei kritisierten das Paket als unzureichend.
Zehn Euro mehr? Das ist ja lachhaft! Foto. dpa/Grubitzsch
Zehn Euro mehr? Das ist ja lachhaft! Foto. dpa/Grubitzsch

Berlin (Agenturen/ND). Angesichts vielfach steigender Kosten sollen Familien in Deutschland vom neuen Jahr an mehr Kindergeld bekommen. Für die ersten beiden Kinder wird das Kindergeld um zehn Euro auf je 164 Euro aufgestockt. Für das dritte Kind gibt es künftig 170 Euro pro Monat, für vier und mehr 195 Euro. Zudem wird der Kinderfreibetrag in der Steuer um 200 Euro auf 6000 Euro jährlich angehoben. Davon profitieren Eltern, die zusammen ein Bruttoeinkommen von mehr als rund 67 000 Euro haben, sowie Alleinerziehende, die mehr als 35 000 Euro brutto verdienen. Kinder und Jugendliche, deren Familien von Hartz IV oder Sozialhilfe leben, erhalten bis zum Abschluss der zehnten Klasse zum Schuljahresbeginn 100 Euro für Schulmaterialien. Familien mit berufstätigen Eltern sollen künftig auch davon profitieren, dass die Ausgaben für Putzhilfen und Kinderbetreuung von 2009 an stärker als bisher von der Steuer abgesetzt werden können. Diese Dienstleistungen könnten dann mit maximal 4000 Euro geltend gemacht werden.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte in Berlin, 18 Millionen Kinder in Deutschland profitierten von den im sogenannten Familienleistungsgesetz beschlossenen Maßnahmen. »Familien mit drei Kindern haben 430 Euro im Jahr mehr in der Tasche.« Das höhere Kindergeld, die Steuererleichterungen für Familien und das Schulbedarfspaket kosten zwei Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich, die sich Bund, Länder und Kommunen teilen. Die Koalitionsspitzen hatten die Entlastungspläne am 5. Oktober beschlossen. Die Union setzte sich bei der Staffelung des Kindergeldes durch, die SPD erreichte mit dem Paket zum Schulstart Hilfen für einkommensschwache Familien.

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung soll von 2009 an bis zum 30. Juni 2010 auf 2,8 Prozent sinken. Anschließend soll der Beitrag bei drei Prozent liegen, wie das Bundesarbeitsministerium mitteilte. Damit solle sowohl eine Entlastung der Arbeitnehmer als auch eine langfristige stabile Finanzierung der Bundesagentur für Arbeit (BA) gewährleistet sein. Die Koalition hatte die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung beschlossen, um die Anhebung des Krankenkassenbeitrags auf einheitlich 15,5 Prozent ab 2009 für die Arbeitnehmer auszugleichen.

Allerdings werden Familien auf anderen Gebieten durch steigende Preise und Beiträge zusätzlich belastet. Kritik kam deshalb unter anderen von den Kirchen. Der Anstieg des Kindergelds sei völlig unzureichend, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten auch nur annähernd auszugleichen, sagte der Augsburger Bischof Walter Mixa. Die von der Regierungskoalition propagierte Wahlfreiheit zwischen Kindererziehung und Erwerbstätigkeit sei eine Farce, solange Mütter in den ersten drei Lebensjahren zugunsten der Kinder nicht wenigstens zeitweise auf Erwerbstätigkeit verzichten könnten.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Gregor Gysi, forderte, dass die Kindergelderhöhung von der Anrechnung auf die Hartz IV-Regelsätze ausgenommen wird. Es könne nicht sein, dass »Besser- und Bestverdienende für ihr Kind zehn Euro mehr erhalten, aber einer Hartz IV-Empfängerin dieser Betrag vom Regelsatz abgezogen wird«, sagte Gysi. Die kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion, Diana Golze, monierte, dass »die knauserige Erhöhung von 10 Euro kein Ausgleich für den Wertverlust des Kindergeldes seit 2002 ist«.

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