Kämpfe in der Stadt

  • Bernd Hüttner
  • Lesedauer: 2 Min.

Die 1963 gegründeten Marxistischen Blätter werden als Theoriezeitschrift der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) angesehen, ohne, so die Eigenwerbung, »formell und inhaltlich ein Parteiblatt zu sein«. Das aktuelle Heft widmet sich der Entwicklung der Städte. Lesenswert ist es deshalb, weil es kurz und treffend die relevanten Themen anspricht und jungen, eher aus der Tradition der Regulationstheorie und der Cultural Studies kommenden Stadtsoziologen Raum gibt. Die Ausgabe resultiert aus einer Tagung der Marx-Engels-Stiftung Wuppertal, die diese in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Nordrhein-Westfalen durchführte.

Der in anderem Zusammenhang bekannter gewordene Andrej Holm zeichnet die historische Urbanisierung nach und unterzieht die »unternehmerische Stadt«, die als Leitprinzip der neoliberalen Stadtentwicklung gelten kann, einer Kritik. Er zeigt die blinden Flecken solcher Programme wie »Soziale Stadt« auf, an denen sich linke Stadtentwicklungspolitiken gelegentlich orientieren. Andreas Hartle berichtet darüber, wie in verschiedenen Städten Neu- und Umbauprogramme heute konkret vonstatten gehen und nach welchen Kriterien Quartiere in der Vergangenheit geplant und gebaut wurden. Hans Günter Bell berichtet am Beispiel Köln darüber, wie sozial-räumliche Merkmale die politische Selbstverortung und damit auch die Aktionsfähigkeit und Handlungsbereitschaft von Menschen beeinflussen. Die internationale Dimension bringen Peter Marcuse in seinem Beitrag zu Ghettos in den USA und Kosta Mathéy zu Stadtplanung in Kuba ein.

Irina Vellay macht einen ganz anderen Blickwinkel stark: Sie beschreibt, wie Gartenparzellen und andere Räume der marktfernen Produktion von Lebensmitteln und der Freizeitgestaltung schon immer im Fadenkreuz der Stadtplanung standen. Sie plädiert für eine Aneignung der Stadt »von unten«, die sich am Gebrauchswert ausrichtet. Stephan Lanz schließlich widmet sich dem Komplex der multikulturellen Stadt zwischen »Integration« und Ausgrenzung. Er analysiert die spezifisch deutsche Vorstellung von Integration, die auf der Annahme einer kulturellen Ähnlichkeit der Nationalbürger beruhe. Am Beispiel Berlins stellt er die verschiedenen, quer zu den Parteien verlaufenden Konzepte von »Integration« vor. Zwei weitere Beiträge widmen sich von einer eher traditionell kommunistischen Position aus den Problemen und Aufgaben linker Kommunalpolitik.

Außerhalb des Schwerpunktes finden sich dann Rezensionen und Diskussionsbeiträge, über die hier besser nicht so viele Worte verloren werden sollen – etwa zu »1968« und der »imperialistischen Strategie des Zurückrollens des Sozialismus« oder der Beitrag von Gerhard Feldbauer, der versucht, an die »revolutionären Traditionen der italienischen Arbeiterbewegung zu erinnern«. Mit diesem Schwerpunkt haben die Marxistischen Blätter eine erstaunliche Offenheit bewiesen und den Anschluss an den Stand der aktuellen linken Debatte gefunden, zumindest in diesem Themenfeld.

Marxistische Blätter, Heft 5/2008: Die Stadt als Raum für Klassenkämpfe, 128 Seiten, 8,50 Euro.

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