»Gewinnt die Staatsanwaltschaft, wird Mumia binnen eines Jahres tot sein«

Internationale Solidaritätsbewegung drängt auf stärkeres Engagement für Mumia Abu-Jamal

  • Patrick Widera
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Hörsaal im Hauptgebäude der Berliner Humboldt-Universität platzt nicht gerade aus allen Nähten. Nur etwa 75 Menschen sind gekommen, um sich über die derzeitige Situation im Streit um ein neues Verfahren für Mumia Abu-Jamal zu informieren. Der Saal könnte drei Mal so viele Menschen fassen. Ein Spiegelbild des gegenwärtigen Zustands der Solidaritätsbewegung für die Freilassung des US-amerikanischen Journalisten.

Mumias Anwalt, Robert R. Bryan, macht die Zuhörer mit eindringlichen Worten darauf aufmerksam, dass der Kampf für seinen Klienten jetzt in die entscheidende Phase eintritt. Am 19. Dezember wird die Verteidigung dem Obersten Gerichtshof ihre Argumente für die Neuaufnahme des rassistisch motivierten Verfahrens von 1982 vorlegen. Die Richter werden voraussichtlich im Februar zu einer Entscheidung kommen. Dabei hängen die Erfolgsaussichten nicht nur von juristischen Faktoren ab. Neben der Fürsprache durch einen hohen Richter ist gerade eine starke Resonanz des Falls in der Öffentlichkeit von entscheidender Bedeutung. »Wenn wir jetzt nicht die Kraft haben, den Kampf für ein neues Verfahren zu gewinnen, wird Mumia binnen eines Jahres hingerichtet werden!«, macht Robert R. Bryan den Ernst der Lage deutlich.

Mumia ist durch sein inzwischen 26-jähriges literarisches und politisches Wirken aus dem Todestrakt zu einem Symbol des Kampfes gegen die Todesstrafe und zur »Stimme der Stimmlosen« geworden, betont Volker Ratzmann, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Er selbst war zwei Mal als Prozessbeobachter beim Verfahren gegen Abu-Jamal. »Wenn der Fall eine positive Wendung erfährt, dann nur durch das Engagement der internationalen Solidaritätsbewegung«, ist Ratzmann überzeugt.

Dass Barbara Lochbihler, Generalsekretärin von Amnesty International, ihre ausdrückliche Unterstützung für den Kampf um ein neues Verfahren für Mumia erklärt hat, wertete Bryan als einen großen Erfolg. »Denn Amnesty International ist nicht irgendwer. Diese Organisation kann sich wirksam Gehör verschaffen, denn sie hält die Fackel der Menschenrechte so hoch wie keine andere.«

Nur indem man öffentlich Stellung bezieht und engagiert für die Befreiung Mumia Abu-Jamals wirkt, wird man dem Obersten Gerichtshof in Washington zeigen können, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens eine bedeutende Resonanz in der Bevölkerung hat, fasst Lochbihler das Anliegen der Solidaritätskampagne zusammen. Gerade weil auch in den Vereinigten Staaten die Solidaritätsbewegung für den Verurteilten noch weit hinter den Erwartungen zurück bleibt, ist die Unterstützung durch Amnesty International ein wirksames Mittel, um »den Zusammenhang zu vermitteln«, wie der Schauspieler Rolf Becker betont, »der Zusammenhang, dass Mumia einer von uns ist, dass er als Stimme der Stimmlosen zu unserer Stimme geworden ist, wird noch nicht gesehen.« Solidarität ist unentbehrlich, bekräftigt Becker. »Sie ist die Hoffnung der Welt, unsere und seine Hoffnung.«

In den kommenden Wochen wird die Verteidigung allein für die notwendigsten Dinge 75 000 Euro benötigen, die finanzielle Unterstützung durch Spenden ist also ein Gebot der Stunde, denn, so Bryan, »Mumias Leben hängt jetzt wirklich am seidenen Faden.«

Vom 6. bis 13. Dezember wird eine internationale Aktionswoche veranstaltet, um auf das Schicksal Mumia Abu-Jamals aufmerksam zu machen. Zum deren Abschluss am 13. Dezember wird eine Solidaritätsdemonstration vom Oranienburger Platz zur Botschaft der USA führen.

Weitere Informationen: mumia-hoerbuch.de und www.freedom-now.de

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Stichwort »Verteidigung«

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