Arbeitsdroge Ecstasy

Synthetische Rauschmittel in Entwicklungsländern auf dem Vormarsch

  • Michael Lenz, Bangkok
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Westen gelten sie als Partydrogen. In Entwicklungs- und Schwellenländern hingegen sind sie Arbeitsdrogen: »Amphetaminartige Stimulanzien« (ATS) wie Ecstasy. In den aufstrebenden Ländern Asiens steigt die Nachfrage nach den synthetischen Drogen, während sie im Westen stagniert. Den Wert von Produktion und Vertrieb weltweit schätzt das UNO-Büro für Drogen und Kriminalität (UNODC) in seinem jüngst vorgestellten Bericht »Amphetamines and Ecstasy 2008« auf 65 Milliarden US-Dollar.

Asien mit seinen boomenden Ökonomien ist der größte Wachstumsmarkt für Designerdrogen. Die Kunden sind einerseits die gewachsene Mittelschicht, die sich dank gut gefüllter Konten dem Konsumrausch hingibt, und andererseits die Armen. »ATS werden in unserer schnelllebigen, auf Wettbewerb orientierten Zeit als billige und leicht verfügbare Stimulanzien für Vergnügen in der Disco oder größeres Durchhaltevermögen an den Fließbändern und hinter dem Steuer (von Lkw) benutzt«, sagte UNODC-Direktor Antonio Maria Costa, bei der Vorstellung des Reports in Bangkok.

Auch im Nahen Osten und in Afrika sind ATS auf dem Vormarsch. Hauptmarkt ist Saudi-Arabien, was Experten auf die hohe Zahl von Fremdarbeitern zurückführen, die sich die oft harten Arbeitsbedingungen durch Drogen erträglicher machen. 2006 wurden weltweit rund 49 Tonnen synthetische Drogen beschlagnahmt, ein Viertel davon in Saudi-Arabien. Die weltweite Jahresproduktion wird auf 500 Tonnen geschätzt.

Besorgniserregend ist auch, dass die großen Drogenbarone in das Geschäft mit ATS eingestiegen sind. »Noch vor einem Jahrzehnt waren synthetische Drogen eine Nischenindustrie. Heute sind sie ein großes Geschäft, das vom Schmuggel der chemischen Zutaten über die Produktion bis zum Handel von organisierten kriminellen Syndikaten kontrolliert wird«, sagt Costa. Es würden heute mehr ATS konsumiert als »traditionelle Drogen« wie Kokain und Heroin zusammengenommen.

ATS-Konsumenten können rasch abhängig werden und schwere mentale wie körperliche Probleme davontragen – von inneren Blutungen bis hin zu Hirnschäden. Anders als Rauschgift, das aus Pflanzen gewonnen wird, sei es schwierig, die Produktion von synthetischen Drogen zu überwachen, heißt es in dem Bericht. Costa warnt: »Wenn ein Labor geschlossen wird, macht ein anderes auf.«

Die Entwicklungsländer ignorieren das Problem oder verfügen nicht über die Mittel und das Wissen über das Ausmaß, klagt die UNO. Das soll durch das SMART-Programm (»Synthetics Monitoring: Analyses, Reporting and Trends«) jetzt anders werden, das zunächst in Asien gestartet wurde. Es soll helfen, »durch Prävention, Behandlung und polizeiliche Maßnahmen dem Problem Herr zu werden«, so UNODC-Chef Costa.

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