Von A wie Afghanistan und B wie Beschaffung

Die Bundesregierung hält Antworten auf eine Kleine Anfrage geheim – FDP beklagt schlechten Stil

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung ist als Konjunkturmotor gefordert. In dieser Woche beraten die Haushälter wieder über zahlreiche Bundeswehr-Vorhaben.

Man muss sich nur Anzeigen einschlägiger Firmen in einschlägigen Zeitschriften und Newsletters anschauen, um zu wissen, was die Bundeswehr demnächst braucht, um ihre Aufträge als »Parlamentsarmee« zu erfüllen. Beispielsweise in Afghanistan. Nachdem das GM-Unternehmen MOWAG bedient wurde, um den deutschen Soldaten leichte und doch geschützte Fahrzeuge zu bauen, ist nun das Stichwort MULTI dran.

Der MULTI von MAN ist ein 15-Tonnen-Fahrzeug, das für diverse Transportaufgaben taugt und selbstverständlich beim Einsatz in Kriegsgebieten besonders geschützt werden muss. Durch die Ausstattung von Krauss-Maffei Wegmann. Am 29. November 2006 stimmte der Bundestag-Haushaltausschuss dem Vertrag über die Beschaffung von 157 Wechselladersystemen MULTI-FSA (Mechanisierte Umschlag- und Transportintegration mit Fahrzeug-Schutz-Ausstattung) zu. Volumen: 125,7 Millionen Euro.

Doch MULTI-FSA war gestern, heute bietet die Industrie das Fahrzeug mit einer noch und vor allem fernbedienbaren moderneren Waffenstation an. Kein Soldat müsste mehr seinen Oberkörper aus der Fahrerhausluke heben, um das MG gegen Angreifer zu richten. Das Problem? Die neuen Waffenstationen würden zu Mehrkosten von 24,1 Millionen Euro führen. Das Verteidigungsministerium bittet daher den Haushaltausschuss, auf das Beste zu verzichten und das Ausreichende zu bestätigen. Wer am Schreibtisch sitzt, hat leicht reden. Und will dennoch dabei nicht erwischt werden. Nur so kann man es bewerten, dass die FDP-Bundestagsfraktion dieser Tage eine Antwort auf eine Kleine Anfrage erhielt, die geheim gehalten werden soll. Warum, das erschließt sich den Fragestellern nicht, die aber das Gebaren für »schlechten Stil« halten.

Zugegeben, die Parlamentarier haben sich beim Abfassen der sehr detaillierten Fragen des Wissens von Insidern versichert, die allerlei Unzulänglichkeiten bei der Ausstattung unserer Auslandskrieger offenlegten. Doch, so das Fazit der Regierung, das sogar über den Tisch des Kanzleramtes ging, lautet: »Die Bundeswehr verfügt in Afghanistan über eine moderne, auftragsgerechte Ausrüstung.« »Vereinzelte Klagen aus der Truppe« werden vom Tisch gewischt. Obwohl auf den dann folgenden sechs regierungsamtlich geheim gehaltenen Seiten mehr Ausreden als Antworten auf die 27 gestellten Fragen folgen.

Die Antworten des Ministeriums lassen zweifeln, dass wirklich alles zum Schutz der Soldaten unternommen wird. Das beginnt bei simplen Ausrüstungsgegenständen und endet nicht bei den im Kriegsgebiet eingesetzten Fahrzeugen. Die übrigens zum Gutteil nachgerüstet werden müssen. »Grundsätzlich ist vorgesehen, in der Zielstruktur auch weitere Fahrzeuge ... mit der schweren Waffenstation auszurüsten.«

Das alles könnte man sich sparen, tritt man – wie die Linksfraktion – für die Heimholung der Bundeswehr ein. Doch: Wer A wie Afghanistan sagt, müsste auch bei B wie Beschaffung freizügig sein. Weil dazu Mittel fehlen, versieht die Regierung unangenehme Tatsachen mit dem Stempel »geheim«.

Deutschland hat von 1992 bis 2007 rund 10,58 Milliarden Euro für Auslandseinsätze ausgegeben. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor. Die Kosten für die internationalen Missionen der Bundeswehr werden nach Auskunft der Regierung aus dem Verteidigungshaushalt, Einzelplan 14 des Bundeshaushaltes, bestritten. Keine Angaben kann die Regierung über die Kosten für die einsatzbedingte Ausbildung, die laufenden Betriebs- und Personalkosten und die Ausgaben für Versorgungsleistungen an einsatzgeschädigte Soldaten machen, da diese im Haushalt nicht den einzelnen Auslandseinsätzen zuzuordnen seien.

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