Empörung mit Verfallsdatum

Zwei Monate nach einer Großdemo stellen sich nur wenige Kölner den Moscheegegnern in den Weg

  • Steffi Holz, Köln
  • Lesedauer: 3 Min.
»Pro Köln« will bis März einmal im Monat gegen den Neubau einer Moschee demonstrieren. Zum Auftakt der Demoserie kamen nur wenige Anhänger, aber auch die Gegner scheinen sich beim Aufstand der Anständigen vor zwei Monaten gegen einen Rassistenkongress verausgabt zu haben. Statt 50 000 verteidigten diesmal nur 150 Menschen das »weltoffene Köln«.

Nur etwa 40 Anhänger konnte die rechtsgerichtete »Bürgerbewegung pro Köln« am vergangenen Sonnabend zu ihrer Mahnwache gegen den Bau der Moschee im Kölner Stadtteil Ehrenfeld mobilisieren. Dabei handelte es sich um die »üblichen Verdächtigen« aus dem Parteiumfeld, aber nicht um interessierte Kölner Bürgerinnen und Bürger. Das betonte Claus Ludwig von der Linksfraktion, der an der Gegenkundgebung teilnahm. Nach dem gründlich misslungenen »Anti-Islamisierungskongress« im September, zu dem »pro Köln« hochrangige rechte Politiker aus ganz Europa eingeladen hatte und der von Zehntausenden Gegendemonstranten verhindert worden war, will die selbsternannte Bürgerbewegung nun mit einer Demoserie Aufmerksamkeit erregen. Bis März 2009 will sie einmal im Monat unter dem Motto »Kreativ gegen den Großmoscheebau« eine Mahnwache vor dem Gelände der türkisch-islamischen Union DITIB abhalten, auf dem in Kürze die Bauarbeiten beginnen werden.

150 Menschen stellten sich den Rassisten am Sonnabend in den Weg. Das waren zwar dreimal mehr, als »pro Köln« mobilisieren konnte, dennoch wirft die geringe Zahl Fragen auf. Noch vor zwei Monaten waren 50 000 Menschen auf den Beinen, um die öffentliche Großveranstaltung von »pro Köln« zu verhindern. Wo war das breite Bündnis aus allen Bevölkerungsschichten diesmal? Im Internet gab es zwar einen Aufruf vom »Bündnis gegen pro Köln«, die Mahnwache zu verhindern, doch Flugblätter wurden nicht verteilt. Weil vor allem im Stadtteil mobilisiert worden war, seien überwiegend Anwohner aus Ehrenfeld da gewesen, sagte ein Demoteilnehmer.

Die Kölner seien noch euphorisch wegen des Debakels des Rassistenkongresses im September, meint der Linkspolitiker Ludwig. Er sieht die Zustimmung für »pro Köln« weiter schwinden, weil öffentlich gemacht wurde, was hinter deren bürgerlicher Fassade stecke. Trotzdem sollte die Gefahr die von den »Biedermännern und Brandstiftern« ausgehe, nicht unterschätzt werden, warnt er. Mit ihrer Hetze gegen den Moscheebau als »Mega-Islamisierungsprojekt« vermitteln die Populisten von »pro Köln« den Eindruck, den Bau doch noch verhindern zu können und rechnen sich große Chancen bei den Kommunalwahlen im Frühjahr aus.

Diese Gefahr sieht auch der Bezirksbürgermeister von Ehrenfeld Josef Wirges (SPD). Er protestierte am Sonnabend gegen die Propaganda von »pro Köln«, weil er es »eine Frechheit von ihnen fand, dort aufzukreuzen«. Das sei schließlich »eine Moschee und kein Zoo«. »Pro Köln« behauptet, seine Mitgliederzahl sei nach dem Kongress gestiegen. Wirges legt jedoch Wert darauf, dies nicht als Zeichen zu sehen, dass die Partei in der Mitte der Gesellschaft Zuspruch finde. Da seien wohl eher Mitglieder aus anderen rechtsextremen Parteien gewechselt, mutmaßt der Sozialdemokrat. Angesichts der kommenden Kundgebungen von »pro Köln« müsse man zwar »Mittel suchen, um deutlich zu machen dass wir so- etwas nicht möchten«. Der Bürgermeister glaubt aber auch, dass ohnehin immer weniger Menschen dem Aufruf der Moscheefeinde folgen werden.

Andere »pro Köln«-Gegner vom vergangenen Wochenende planen dagegen konkret. Sie wollen besser mobilisieren und beim nächsten Mal am 13. Dezember mit einigen hundert Leuten vor Ort sein, um die Mahnwache zu verhindern.

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