Kultur oder Soziales

Streit um Stadthaus Lichtenberg / Neuer Träger

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir waren damals von einer längerfristigen Nutzung ausgegangen«, sagt Rolf Werner von der Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft mbH (ARBLI). Nachdem das Stadthaus Lichtenberg 2003 bis 2006 saniert wurde, schloss die ARBLI mit dem Bezirkssozialamt eine Kooperationsvereinbarung und begann das Haus mit einem Angebot aus kultureller Begegnungsstätte, Bücherstube und sozialen Beratungen zu nutzen.

»Im August kamen die Kündigungen zum 31. Dezember.« Das Sozialamt beendete damit das Mietverhältnis und auch den Kooperationsvertrag, die ARBLI muss sich neue Räume suchen. Das Angebot werde aber sehr gut genutzt, sagte Werner, der mit der Entscheidung des Amtes sichtlich unzufrieden ist. Dass es zusätzlich hieß, das Lichtenberger Kulturamt melde »Eigenbedarf« an und wolle das Stadthaus als Büroräume nutzen, stieß auf großes Unverständnis. Die ARBLI habe mit verschiedenen Partnern Verträge und Projektplanungen bis in die erste Jahreshälfte 2009 getroffen, »die nun völlig in der Luft hängen«, hieß es in einer Mitteilung. Dies sei auch deshalb »äußerst bedauerlich«, weil die Projekte überwiegend mit Hartz-IV-Empfängern betrieben würden, für die diese geförderten Jobs entweder eine Vorbereitung auf eine neue Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt oder im Fall von älteren Mitarbeitern eine bessere Alternative zur Arbeitslosigkeit darstellen. Ein Gespräch mit dem Sozialamt habe es inzwischen gegeben, sagt Werner. Das wolle sich bis Ende des Monats um eine räumliche Alternative kümmern. »Wir erkennen das Bemühen an, der Bezirk muss aber einen großen Schritt nach vorne tun, wenn er die Kulturarbeit erhalten will.«

Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (LINKE) sieht hingegen keinen Grund, die Kündigung anzuzweifeln. Weder dem Sozial- noch dem Kulturamt sei etwas vorzuwerfen. Darum, dass die in Maßnahmen Beschäftigten weiter bei der ARBLI arbeiten können, habe sie sich persönlich gekümmert. Auch das zuständige Jobcenter habe seine Unterstützung zugesagt. Man wolle zudem weg von einer »rein sozialen« zu einer kulturell geprägten Nutzung. »Da kommt auf jeden Fall wieder ein Träger rein«, so Emmrich.

Die Überlegungen, dass das Kulturamt die Räume bekommt, habe es zwar gegeben. Sie seien aber schon lange wieder vom Tisch. Man wolle nun das Angebot des Stadthauses anders ausrichten und die »Bewohnerschaft anlocken«, die sich seit der Sanierung der Victoriastadt verändert habe. »Beratungsangebote sind in der Ecke nicht zwingend gefragt«, meint die Bürgermeisterin. Eine möglich Alternative für die ARBLI wäre im Storkower Bogen. Darüber habe sie mit dem ARBLI-Geschäftsführer auch bereits gesprochen.

Für Werner hingegen wären andere Räume bloß eine »Notlösung«. »Man sollte uns die Möglichkeit geben, die Leute hier weiter zu bedienen.« Bis zum Jahresende wird das gehen, dann dürfte die ARBLI an neuem Ort zu finden sein.

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