Ende einer vieljährigen »Pause«

Russland und Kuba wollen gute Beziehungen wieder aufleben lassen

  • Leo Burghardt, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Präsidenten Kubas und Russlands, Raúl Castro und Dmitri Medwedjew, wollen die guten alten Beziehungen ihrer Länder wieder aufleben lassen. Die beiden Staatsmänner sprachen während des Medwedjew-Besuchs in Kuba mehrere Stunden miteinander.

Als der kubanische Außenminister Felipe Pérez Roque unlängst in Moskau vom russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew, Ministerpräsident Wladimir Putin und seinem Außenamtskollegen Sergej Lawrow empfangen wurde, erfuhr man in Kuba, Pérez habe eine Einladung Raúl Castros für das russische Staatsoberhaupt im Gepäck gehabt. Vorgesehenes Datum: Ende November.

Seit 2005 bemüht sich Moskau wieder unübersehbar um die Insel, nachdem sich die Kubaner während der schwersten Zeit ihrer Sonderperiode schmählich im Stich gelassen fühlten. So »unverbrüchlich, brüderlich und fest«, wie in einstigen Protokollen beschrieben, waren die nichtmateriellen Beziehungen auch früher nicht gewesen. Da war zum Beispiel der viele Jahre von beiden Seiten als »top secret« behandelte Bescheid Moskaus (unter Leonid Breshnew), dass die UdSSR nicht bereit sei, Kuba mit Waffengewalt zu verteidigen. 1992 hatte die zur Russischen Föderation mutierte Sowjetunion die letzte »motorisierte Brigade«, die seit 30 Jahren auf Kuba stationiert gewesen war, ohne Konsultation mit den Kubanern nach Hause geholt. Und dann der Donnerschlag 2001, als Moskau kurz vor einem Besuch Putins bei George W. Bush in Washington sein auf Kuba installiertes elektronisches Abhörzentrum Lourdes schloss. Noch ein paar Wochen vorher war Putin Gast Fidel Castros gewesen, hatte aber kein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen.

Das alles schaffte Misstrauen, das tief sitzt und sich auch durch die Wiederbelebung des Handels und der diplomatischen Kontakte nicht im Handumdrehen aus der Welt schaffen lässt. Deswegen hob Außenminister Pérez Roque in Moskau auf einer Pressekonferenz hervor: »Die Hauptsache ist, dass beide Seiten ihre Beziehungen von Konjunkturanfälligkeit frei halten.« Die Interessen müssten gleichrangig gepflegt werden. »Wir glauben, dass wir eine Etappe des Vertrauens auf Grundlage eines ehrlichen und offenen Dialogs, ohne Überraschungen und Schocks, eingeleitet haben.«

Seit Monaten reisen hier russische Delegationen ein und aus, die Zivilflugzeuge, Großlastwagen und Busse verkaufen, im Nickel- und im zukunftsträchtigem Erdölgeschäft noch einen sicheren Platz zu ergattern versuchen und aus dem meist verkommenen Sowjetnachlass in Industrie und Landwirtschaft vielleicht noch etwas retten und modernisieren wollen. Sie alle reden davon, dass die »Pause« in den Beziehungen zu Ende sei. Die Kubaner nehmen es zur Kenntnis, kaufen, was sie brauchen und günstig erwerben können, enthalten sich jedoch jeden Überschwangs. Inoffizielle Stimmen messen der russischen Offensive vor allem einen psychologisch-strategischen Wert bei. Vereinfacht gesagt: Die USA nähern sich mit ihrem Raketenschirm den Grenzen der Russischen Föderation, die sich wiederum den Grenzen der Vereinigten Staaten nähert. Das Wiederaufleben des Kalten Krieges in der Region schließt man jedoch aus, zumal unter Barack Obama. Medwedjew hob bei seiner Abschluss-Pressekonferenz in Havanna denn auch hervor, Russland wolle »humanitäre, wirtschaftliche, energetische und militärtechnische Zusammenarbeit, die sich nicht gegen dritte Länder richtet«. Immerhin aber habe es sich bei seiner Lateinamerika-Reise nicht um eine »Besichtigungstour« gehandelt, sondern um »eine geopolitische Entscheidung, die Aktivitäten Russlands in Lateinamerika zu verstärken«.

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