Sündenbock

Youssef Hajdib / Der 24-Jährige Libanese soll als »Studienabbrecher« zum Bombenbauer geworden sein

  • Jürgen Elsässer
  • Lesedauer: 2 Min.

Wegen zweier nicht explodierter Kofferbomben hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am Dienstag den Libanesen Youssef Mohamad El Hajdib zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen der großen Schuld des Angeklagten könne »nur die Höchststrafe die gerechte Antwort des Gesetzes sein«, hieß es zur Begründung. Der heute 24-jährige Ex-Student und sein Mittäter Dschihad Hamad hätten durch die angeblichen Anschläge vom 31. Juli 2006 ein »Blutbad von ungeheuren Ausmaßen« anrichten wollen.

Youssef El Hajdib war zum Studium nach Deutschland gekommen. Einseitige psychologische Gutachten trugen zur Vorverurteilung des Mannes bei: Als »Studienversager mit Psycho-Krise und Selbstwertproblemen« habe Youssef »Halt in der Religion gefunden« und wollte »Ungläubige töten«, argumentierten die sogenannten Experten vor Gericht.

Die Verteidigung hatte eingewandt, El Hajdib und sein Mittäter hätten nur mit Bombenattrappen Schrecken einjagen wollen, eine Explosion sei nicht geplant gewesen. Dafür spricht, dass sich El Hajdib nach den Kofferfunden zuerst ins Ausland absetzte, dann aber freiwillig wieder zurückkam. Sein Freund Hamad stellte sich in Libanon der Polizei. Ein erstes Geständnis widerrief Hamad später: »Ich bin nach meiner Festnahme geschlagen worden. Man hat mich bedroht. Man hat mir gesagt, wenn du das nicht zugibst, dann verpassen wir dir Elektroschocks.«

Der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling rühmte die Videoüberwachung der Hauptbahnhöfe, die zur Entdeckung der Täter geführt habe. Wer die unscharfen Aufnahmen vom 31. Juli 2006 – Youssef im Ballack-Trikot auf dem Kölner HBF – gesehen hat, weiß, dass die Identifikation nicht auf dieser Grundlage erfolgt sein kann.

Die Spur führte vielmehr über Youssefs Bruder Saddam al Hajdib, den die libanesischen Behörden ohnedies beobachteten. Er gehörte der Terrorgruppe Fatah al Islam an, die – so Recherchen des Pulitzerpreisträgers Seymour Hersh – von US-Geheimdiensten finanziert wird, und wurde in Beirut als möglicher Drahtzieher der Kofferattacken angeklagt. Der Mann wurde allerdings von Regierungstruppen erschossen, bevor er vor Gericht aussagen konnte.

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