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Vertrauen, das sich langfristig auszahlt

Die Sieger des diesjährigen Wettbewerbs um den Deutschen Schulpreis glänzen durch Alternativ-Pädagogik

  • Sabine Sölbeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Mittwoch wurde der Deutsche Schulpreis 2008 von Bundespräsident Horst Köhler überreicht. Es ist der höchstdotierte Schulwettbewerb in Deutschland. Diesjähriger Sieger ist die Wartburg-Grundschule aus Münster, die sich gegen 250 Mitbewerber durchgesetzt hat. Sechs weitere Schulen wurden für ihre pädagogisch herausragenden Leistungen ausgezeichnet.

Bildung steht für Bundespräsident Horst Köhler ganz oben auf der Agenda. Er wünsche sich mehr politische Aufmerksamkeit für das »wichtigste Thema der Zukunft«, erklärte er unlängst. An diesem Mittwoch blieb das nicht bloß ein frommer Wunsch, denn an diesem Tag standen die innovativsten Schul- und Lernkonzepte im Rampenlicht. Die Wartburg-Grundschule in Münster erhielt den mit 100 000 Euro dotierten Hauptpreis. Anerkennungspreise in Höhe von 25 000 Euro gingen an die Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule Altingen in Ammerbuch, das Gymnasium Schloß Neuhaus in Paderborn, die Integrierte Gesamtschule Bonn-Beuel und die Schule am Voßbarg in Rastede. Für die Werkstattschule Bremerhafen und die Grundschule im Grünen in Berlin gab es Sonderpreise in Höhe von 15 000 Euro.

Es gibt sie, die positiven Beispiele in Sachen Schulentwicklung. Die ausgezeichneten Schulen machen es deutlich: bei besonderem Engagement können erstaunliche Ergebnisse erreicht werden. Es handelt sich um jene Schulen, die Kinder und Jugendliche mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen für Lernen, Leistung und Kreativität begeistern, die Lernfreude, Fairness und Verantwortung vermitteln. Mit dem Deutschen Schulpreis werden Schulen ausgezeichnet, die in allen Bereichen gut und mindestens in einem Bereich weit überdurchschnittlich abschneiden. Das betrifft besondere Leistungen in den Kernfächern, im kreativen Bereich, im Sport oder in der Projektarbeit. Vielfalt wird prämiert, Unterrichtsqualität, verständnisintensives und praxisorientiertes Lernen, das Schulklima und neue und ergebnisorientierte Formen der Zusammenarbeit.

Eines haben die Schulen der letzten drei Preisjahre gemeinsam. Sie haben es geschafft, Schule zu einer besonderen Gemeinschaft zu machen, Schüler lernen mit allen Sinnen, selbstständig und sozial, Ganztagschulen werden zum zweiten Zuhause. Diese Schulen haben ihre Konzepte umgesetzt: sie fördern das integrative Miteinander, beziehen Behinderte gleichberechtigt ein, entwickeln Lehrmethoden, die echtes Verstehen fördern. Mit Freude lernen, heißt es, nicht mit Zwang. Selbstorganisation ist gefragt, Kreativität, soziale Intelligenz. So auch in der Wartburg-Grundschule in Münster. Für Rektorin Gisela Gravelaar und Konrektorin Bettina Rake gehört es zu den grundlegenden Aufgaben von Erziehung und Unterricht, dass soziale Verantwortung, Selbstbestimmung, Mitbestimmung gefördert werden.

Eine ganze Gruppe von mit nach Berlin gereisten Lehrern und Schülern freute sich am Mittwoch über den Hauptpreis. Den Erfolg führen die Pädagogen aus Münster auch auf darauf zurück, dass die Kinder in den Schulentwicklungsprozess mit einbezogen werden. Es könne nicht sein, so Gravelaar und Rake, dass Erwachsene bestimmen, wie das Lernen abläuft, das gehe nur in Kooperation mit dem Kind. Ihre wichtigste Botschaft: »Kinder wisst, wir haben Vertrauen in euch.«

An der Wartburg-Grundschule ist man per Du, geistig behinderte Kinder werden integriert, Kunst- und Theaterprojekte umgesetzt. Der Unterricht wird offen gestaltet, kein Frontalunterricht, jahrgangsübergreifendes Lernen, die Stunden dauern 60 Minuten, eine Schulklingel gibt es nicht. Schüler lernen mit einem Helfer-System: Erst wenn die Mitschüler nicht weiterwissen, wird ein Lehrer gefragt. Es gibt keine Noten, keine Hausaufgaben, keine Klassenarbeiten. Das klingt paradiesisch, für manche Ohren geradezu chaotisch. Doch das alternative Konzept funktioniert. 70 Prozent schaffen problemlos den Übergang ins Gymnasium oder an die Gesamtschule, 20 Prozent wechseln in die Realschule, nur fünf Prozent in die Hauptschule. Ein Sieg für das Konzept der Ganztagsschule.

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