Nachtragsetat für Qimonda

Sachsen verhandelt über Rettungspaket für Dresdner Chiphersteller

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 2 Min.
Für die Rettung des angeschlagenen Dresdner Chipherstellers Qimonda wird Sachsen womöglich erstmals einen Nachtragshaushalt verabschieden. Grund: Mit Qimonda steht oder fällt ein ganzer industrieller Kern.

Die Abgeordneten des sächsischen Landtags werden bald eine folgenschwere Entscheidung zu treffen haben: Um das Rettungspaket für den Dresdner Chiphersteller Qimonda abzusichern, zu dem der Freistaat 150 Millionen Euro beisteuern will, werde »mit hoher Wahrscheinlichkeit« ein Nachtragsetat fällig. Das sagte Finanzminister Georg Unland (parteilos) gestern nach einer Sondersitzung des Kabinetts und anschließender Beratung der Fraktionen von CDU und SPD. Es wäre der erste Nachtragsetat in Sachsen. Oppositionsvertreter sehen dies als Indiz für das Risiko, das der Freistaat mit der Geldspritze für das Großunternehmen eingeht und für das sich die Regierung den Rückhalt des Parlaments holen wolle. Nachtragsetats wurden weder verabschiedet, als das Kapital der früheren Landesbank um 300 Millionen Euro aufgestockt wurde, noch, als nach deren Verkauf an die Landesbank Baden-Württemberg eine Bürgschaft über 2,75 Milliarden Euro gewährt werden musste. Der Chef der Linksfraktion André Hahn beklagte eine »völlig unzureichende« Information der Opposition über das Paket, von dem nicht sicher sei, ob es für eine längerfristige Qimonda-Rettung ausreiche.

Zur Begründung des heiklen Engagements sagte Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD), bei der Rettung des Unternehmens gehe es »um den gesamten Mikroelektronik-Cluster« in Dresden, der durch einen möglichen Ausfall von Qimonda »ins Zerbröseln« käme. Im so genannten »Silicon Saxony« sind um die Chipwerke von Qimonda, Infineon und AMD 1200 Unternehmen mit 44 000 Mitarbeitern tätig. Die Firmen erzielten zuletzt sechs Milliarden Euro Umsatz. Die öffentlichen Kassen profitieren davon stark: In »Silicon Saxony« fließen jährlich neben zwei Milliarden an Löhnen und Gehältern auch eine Milliarde Einkommensteuern und Sozialabgaben .

Dass freilich dieser Leuchtturm von europäischem Rang in Sachsen ansässig ist, verdankt sich erheblichen Subventionen: Zwölf Milliarden hat die öffentliche Hand seit 1990 an Fördergeldern ausgereicht. Das Geld »wollen wir nicht aufs Spiel setzen«, sagte Jurk zur Begründung für die neue Spritze, die Sachsen zusammen mit einer bereits vereinbarten Bürgschaft 318 Millionen Euro kosten könnte.

Ob das Rettungspaket zustande kommt, ist offen. Die Verhandlungen begännen heute, sagte Unland. Das Unternehmen müsse belegen, dass seine Technologie tragfähig ist, Kosten reduziert und die Erlöse gesteigert werden können. Zuletzt waren die Verluste höher als die Umsätze. Vor allem müssten Qimonda und dessen Mehrheitseigner Infineon jedoch die Gesamtfinanzierung plausibel belegen. Einer vor Weihnachten gefundenen Lösung zufolge bringt Infineon 75 Millionen auf, 100 Millionen kommen aus Portugal, wo Qimonda ein großes Werk betreibt, das aus Dresden beliefert wird.

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