Paris bremst Streichung

Volksmudschahedin weiter auf EU-Terrorliste

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit Mahnwachen, zu denen sich Hunderte seit Ende Dezember zwei Mal wöchentlich vor der Nationalversammlung in Paris versammeln, fordern Exil-Iraner die unverzügliche Streichung der iranischen Oppositionsorganisation der Volksmudschahedin von der »Terrorliste« der Europäischen Union. Ähnliche Aktionen finden derzeit auch in Brüssel und in Stockholm statt.

Anfang Dezember hatte das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) in Luxemburg bereits zum dritten Mal einen Beschluss des EU-Ministerrats annulliert, der die Volksmudschahedin (PMOI) als Terrororganisation einstuft. Mitte Dezember dann wies das EuG das Ansinnen der französischen EU-Präsidentschaft zurück, das Inkrafttreten dieses Urteils um mehrere Monate hinauszuschieben. Eine Entscheidung der 27 EU-Mitgliedsländer über die »Terrorliste« steht nun Mitte Januar an. Über 2000 Abgeordnete des Europaparlaments und nationaler Parlamente der Mitgliedsländer unterstützen die Forderung nach einer Streichung der PMOI. Zu ihnen gehören französische Abgeordnete aus allen Parteien, die jetzt den Demonstranten in Paris ihre Solidarität bekundet haben. Sie verweisen auf die nun bereits vier Urteile europäischer und drei Urteile britischer Gerichte, die in diesem Sinne ergangen sind. Wer sich darüber hinwegsetzen will, untergrabe die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union. Es sei auch irrig zu glauben, dass man durch die Stigmatisierung der PMOI in Europa die gegenwärtige iranische Regierung für eine demokratischere Politik oder gar zum Verzicht auf ihre Atomrüstung bewegen kann. Die sei für das Teheraner Mullahregime von zentraler Bedeutung beim Streben nach Vorherrschaft in der Region.

Die PMOI entstand in den 1960er Jahren als Organisation der Opposition linker Studenten gegen den Schah und wurde sowohl von diesem als auch später vom Mullahregime brutal verfolgt. 2001 hat sich die PMOI kategorisch von den Terroranschlägen in New York distanziert und in diesem Zusammenhang jeder Gewalt im Kampf gegen das Mullahregime in Teheran und für einen demokratischen Wandel in Iran abgeschworen. Dass die PMOI trotzdem 2002 von der EU auf die Terrorliste gesetzt wurde, gehe auf den Druck der iranischen Regierung zurück, die dabei die Wirtschaftsbeziehungen mit den EU-Ländern als Hebel einsetzt. Das hat selbst der britische Außenminister Jack Straw 2006 in einem Interview eingeräumt. Seit vor Monaten das Oberste Gericht in London das Verbot der PMOI durch die britische Regierung – jahrelang das gewichtigste Argument für das Belassen auf der EU-Terrorliste – aufgehoben hat, agiert nun die französische Regierung als Bremser bei der Streichung.

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