Den Sprung gewagt und gemeistert

Biathlon: Youngster wie Arnd Peiffer erfreuen Bundestrainer Frank Ullrich beim Weltcup

Biathlon-Bundestrainer Frank Ullrich war ganz gelöst, obwohl er angesichts seiner Personalsituation alles andere als einen zufriedenen Blick hätte machen können. »Jeder muss mal den Sprung ins kalte Wasser tun«, meinte er und spielte damit auf die beiden Staffeldebütanten Toni Lang (26) aus dem bayerischen Hauzenberg und Arnd Peiffer (21) aus der Harzstadt Clausthal-Zellerfeld an. Beide ersetzten bei der 4 x 7,5-km-Staffelentscheidung beim Biathlon-Weltcup in Oberhof an der Seite der Staffel-Olympiasieger Michael Greis (Nesselwang) und Michael Rösch (Altenberg) den nach Nasenbeinbruch noch nicht wieder einsatzfähigen dreifachen Junioren-Weltmeister Christoph Stephan und den nach leichter Erkrankung für das heutige 10-km-Sprintrennen geschonten zweifachen WM-Dritten Alexander Wolf (beide Oberhof). Zudem fehlte Weltmeister Andreas Birnbacher (Schleching).

»Lang und Peiffer sollen ihren Einsatz als Chance begreifen«, meinte der Bundestrainer, der mit dem 22-jährigen Daniel Böhm vom SC Buntenbock noch einen weiteren Youngster ins Weltcupteam genommen hat, der heute den Sprint mitlaufen soll. »Im Training konnten sie ihre Leistungen stabil abrufen.« Ullrich sah in ihrem Einsatz »noch keinen Umbruch« im Auswahlteam. »Das ist der Notlage geschuldet. Aber es ist schon an der Zeit, die Jungen mal einzubauen.«

Insgeheim hatte der Bundestrainer unter diesen Umständen mit »Rang vier oder fünf« spekuliert. Am Ende belegte die deutsche Staffel hinter Österreich, das im dritten Weltcuprennen der Saison zum zweiten Sieg kam, und Weltmeister Russland (8,7 s zurück) den dritten Platz (19,2 s). »Ein großes Kompliment an Arnd Peiffer«, schwärmte Ullrich. »Er hat sich den ganzen Sommer über im Training extrem gequält und nun den Lohn geerntet.« Peiffer war als dritter Läufer ins Rennen gegangen. Der 21-Jährige führte die zu diesem Zeitpunkt an dritter Stelle hinter Russland und Österreich liegende deutsche Staffel (Rückstand 13,8 s) mit null Fehlern beim Liegend- und Stehendschießen ohne einen einzigen Nachlader an die Spitze. Eine Herausforderung an den russischen Weltmeister, den Peiffer noch überholte und beim letzten Wechsel sogar einen Vorsprung von 2,8 s herauslief. Diesen Minivorteil konnte der zweite Debütant Toni Lang nicht halten, weil er viermal nachladen musste, um alle Scheiben zu treffen.

Peiffer war trotzdem glücklich: »Ich war ja bisher noch nicht mal als Zuschauer bei einem Weltcup in Oberhof oder Ruhpolding«, meinte der zweifache Bronzemedaillengewinner der Junioren-WM 2008 schmunzelnd. Kurz vor Weihnachten habe ihn der Bundestrainer angerufen und ihn nach Oberhof eingeladen. »Ich habe meine Eltern gebeten, nicht hierher zu kommen, um nicht noch aufgeregter zu sein. Als ich nach der ersten Runde in die Rennsteig-Arena eingelaufen bin, habe ich sogar Gänsehaut bekommen.«

Der Modellathlet Peiffer (1,85 m groß, 82 kg schwer), der Polizeimeisteranwärter bei der Bundespolizei ist, wechselte vor anderthalb Jahren vom Harz in die Oberhofer Trainingsgruppe von Olympiasieger und Weltmeister Mark Kirchner, der einst Frank Luck und Sven Fischer in die Weltspitze geführt hatte. Unter seiner Regie machte Peiffer enorme Fortschritte. »Er ist stabiler geworden im Schießen und auch läuferisch erheblich weitergekommen«, lobt ihn Kirchner und hofft, dass »Arnd noch einige Bonuspunkte sammeln wird für einen WM-Startplatz«. Vielleicht gelingt das heute beim 10-km-Sprint.

Bis zur endgültigen WM-Nominierung am 25. Januar geht es für alle deutschen Skijäger um die interne deutsche WM-Norm, die einmal einen Rang unter die ersten Acht oder zweimal unter die besten 15 vorsieht. Bundestrainer Frank Ullrich will allerdings alle, die die Norm erfüllt haben, zur WM ab Mitte Februar in Pyeongchang (Südkorea) mitnehmen, »mindestens aber sechs Männer«, wie er sagt.

Donnerstag: Männer, 4 x 7,5 km: 1. Österreich 1:19:36,6 Std./0 Strafrd.+12 Schießfehler, 2. Russland + 0:08,7 Min./0+6, 3. Deutschland + 0:19,2/1+9 (Greis, Rösch, Peiffer, Lang), 4. Norwegen + 1:16,0/2+12, 5. Frankreich + 1:56,5/1+7.

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