Wickelraum und Babymenü

Die märkischen Hochschulen werden zunehmend familienfreundlicher

  • Lesedauer: 3 Min.

Potsdam (dpa/ND). Ein Stillzimmer für die junge Studentin, Krabbelflächen neben dem Hörsaal und Babymenüs in der Mensa – Familienfreundlichkeit wird an Brandenburgs Hochschulen besonders groß geschrieben. »Wir sind auf dem guten Weg zur bundesweiten Spitzenposition«, sagt Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) stolz. Viel Geld sei in den vergangenen Jahren investiert worden, um die Hochschulen auch für junge Familien attraktiver zu gestalten. Bundesweit einmalig sei ein »Qualitätsversprechen« der Hochschulen ins Internet gestellt worden, mit dem diese sich zu Standards wie campusnaher Kinderbetreuung verpflichten.

Womit locken die märkischen Hochschulen junge Mütter oder Familien – ob Studenten oder wissenschaftliche Mitarbeiter? »Bei uns gibt es zum Beispiel eine Kita quasi auf dem Campus«, berichtet die Sprecherin der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus, Marita Müller. Auch sei ein Eltern-Kind-Zimmer mit voll ausgestattetem Arbeitsplatz eingerichtet worden, »wenn etwa das Kind mal krank ist, die Studentin aber dringend arbeiten muss«.

Auch die Fachhochschule in Brandenburg/Havel hat sich Familienfreundlichkeit auf ihre Fahnen geschrieben. So gibt es einen Raum, in dem zum Beispiel ein Holz-Bauernhof oder ein Parkhaus mit Autos auf die Kleinsten warten. »Außerdem haben wir auf dem Campus einen Spiel- und Wissenschaftspark mit Spielgeräten, die den Kindern physikalische Phänomene näher bringen«, erzählt Dana Voigt von der Pressestelle. Hochstühle in der Mensa, Babywippe in der Bibliothek oder Kinderturnen in der Sporthalle sind weitere Angebote.

Das Studentenwerk Frankfurt (Oder) steht da nicht nach und bietet an den Standorten in Frankfurt (Oder), Cottbus, Eberswalde und Senftenberg eine breite Palette an: »In den Wohnheimen stehen auf Wunsch Kinderbett, Wickelkommode, Kinderstuhl, Babykostwärmer, Kindergeschirr und weiteres bereit«, so Andreas Gaber vom Studentenwerk. Kinder-Spielecken und Wickelräume seien in den Mensen schon Standard.

Dass sich all diese Bemühungen bewährt haben, zeigt sich nach Ansicht von Wanka auch an dem Ansturm auf die märkischen Hochschulen in den vergangenen Jahren. »Die Familienfreundlichkeit hat sicher mit dazu beigetragen, dass wir bundesweit mit den größten Zuwachs an Studienanfängern haben.« Denn es ist kaum untertrieben zu sagen, dass die jungen Leute den drei Universitäten und acht Fachhochschulen die Bude einrennen.

Zwischen 2005 und 2008 nahm die Zahl der Studienanfänger um 30 Prozent zu, in Sachsen etwa waren es laut Wanka nur 2,4 Prozent, in Sachsen-Anhalt 12. »Inzwischen sind unsere Kapazitäten mit über 46 000 Studenten gut ausgelastet«, meint die Ministerin. Ist es aber nicht auch für viele junge Menschen attraktiv, dass sie in Brandenburg nicht für Studiengebühren zur Kasse gebeten werden? »Das ist nicht so entscheidend, schließlich gibt es auch in Berlin oder den anderen neuen Ländern keine Gebühren«, meint Wanka. Sie betont aber, dass Studiengebühren angesichts der demografischen Entwicklung eher kontraproduktiv wären. So könnten diese – Familienfreundlichkeit hin oder her – den Run auf Brandenburgs Hochschulen langfristig doch merklich abbremsen.

Sonst äußert sich der Landtagsabgeordnete Peer Jürgens (Linkspartei) kritisch zur Hochschulpolitik der Ministerin. Was die Kinderfreundlichkeit betrifft, sieht er jedoch einmal Grund zum Lob. »Es gibt wenige Bereiche, in denen die Hochschulen unter Frau Wanka besser geworden sind, aber das ist einer davon.« Es könnte allerdings noch eines verbessert werden, findet Jürgens. Es gebe zwar inzwischen mehr Kindergartenplätze. »Der Bedarf ist allerdings höher.« Außerdem müssten die Studienordnungen nach Ansicht des Abgeordneten noch angepasst werden. So gebe es zum Beispiel weiterhin spät abends – wenn kein Kindergarten mehr offen ist – Seminare und Vorlesungen.

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