Etikett irreführend

Bei JazzToday blieben Anke Helfrich und Manu Katché im Rahmen der Konvention

  • Antje Rößler
  • Lesedauer: 2 Min.
Schlagzeuger Manu Katché enttäuschte mit einfallslosem und uninspiriertem Spiel
Schlagzeuger Manu Katché enttäuschte mit einfallslosem und uninspiriertem Spiel

Anke Helfrich rollt die Geschichte des Jazzpiano auf, vereint Swing und Hardbop und garniert das Ganze mit zeitgenössischen Einsprengseln. Die gutaussehende Schwäbin hat männliche Kritiker schon zu allerlei machohaften Sprüchen inspiriert. Als »blonder Monk« wurde sie gar bezeichnet; das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Zwar erinnern die Kompositionen der Helfrich mit ihren sperrigen Harmonien und gezackten Melodien tatsächlich an Thelonius Monk. Aber ihr Klavierspiel ist griffiger und virtuoser als das des großen Bebop-Pianisten. Anke Helfrich und ihr Trio traten am Donnerstag im Rahmen der Reihe JazzToday im Kammermusiksaal der Philharmonie auf.

Mit dieser Veranstaltung, die durch 14 deutsche Städte tourt, will man vor allem ein junges Publikum ansprechen. In Berlin hat das nicht funktioniert; die Zuschauer waren vorwiegend älteren Semesters. Macht nichts, der Abend war ohnehin eher etwas für konservative Jazzfans. Anke Helfrich präsentierte Stücke aus ihrem neuen Album »Stormproof«. Auch wenn sie dabei mal mit den Ellenbogen auf die Tastatur haut, an den Saiten im Flügelinneren zupft oder akustisches und elektrisches Piano – gleichzeitig, eine Hand für jedes Instrument – kombiniert, verlässt die Musik doch nie den Rahmen jazzigen Wohlklangs.

Das größte Interesse verdiente ihr Drummer Dejan Terzic, der mit seinem fantasievollen Spiel an Schlagzeug, Perkussion und Glockenspiel die gesamte Palette des Schlagwerks ausschöpfte. Daneben wirkte der Leader der zweiten Formation des Abends, der Schlagzeuger Manu Katché, einfallslos und uninspiriert. Der Ex-Drummer von Peter Gabriel beschränkte sich auf den Rockschlagzeuger und verfolgte weitgehend mechanisch seinen Beat.

Auch die Lautstärke des Ganzen erinnerte eher an ein Rockkonzert; Bass und Klavier waren häufig gar nicht zu vernehmen. Dabei hätte man von dem Pianisten Jason Rebello gern mehr gehört, denn dieser beherrschte nicht nur voranpreschenden Drive und feinsinnige Verspieltheit gleichermaßen – mit seiner beständigen Wachsamkeit nach allen Seiten erwies er sich als der wahre Leader der Band.

Formal regierte hier die Konvention: angefangen von der Standard-Quintettbesetzung bis hin zum starren Schema von Thema und Soli. Dabei beherrschten die Musiker durchaus ihr Handwerk. Der Trompeter Matthias Eick etwa erwies sich mit seinen endlosen Melodiebögen, der weichen Höhe und zart perlenden Läufen gar als ein veritabler Chet-Baker-Nachfolger. Dennoch, was den Jazz der Gegenwart ausmacht, ließ sich an diesem Abend nicht feststellen. Die Reihe JazzToday sollte wohl lieber umbenannt werden.

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