Dienstlicher Übereifer

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Gut, wenn jemand seinen Job ernst nimmt. Als der Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) am Montag zur Pressekonferenz in den Wirtschaftssenat eilte, forderte ihn, kaum im Saale angekommen, eine eifrige Mitarbeiterin energisch dazu auf, sich in die Liste der Pressevertreter einzutragen. Damit nicht genug: Auch seinen Mantel musste er an den Nagel hängen. »Ich habe das dann auch brav getan«, sagte der so Gemaßregelte. Sie habe ihn »bedauerlicherweise« nicht erkannt, sei aber augenscheinlich so freundlich gegenüber der Presse eingestellt gewesen, dass er ihr nicht habe widersprechen wollen.

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Noch spektakulärer ging es im Südwesten zu. Der grüne Abgeordnete Benedikt Lux begleitete beobachtend die Polizei auf Streife in Steglitz-Zehlendorf. Bis kurz vor Ende der Schicht tat sich wenig Kriminelles. Die Beamten vermuteten den typischen »Vorführeffekt«. Der Abgeordnete sah sich mit den Worten »es ist doch gut, wenn nichts passiert« schon in der Rolle des Trösters. Doch dann: Notruf aus Lichterfelde! Die Katze des malaysischen Botschafters, Datuk Zakaria Sulong, hatte sich in der Regenrinne der Villa verklemmt. Zwei Leiterwagen der Feuerwehr rückten aus und befreiten das Tier. Die Kosten trägt der Steuerzahler – ob der deutsche oder malaysische, scherzte Lux.

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»Das glamouröseste Amt ist ganz ohne Zweifel das des Bundeskanzlers. Und zwar unabhängig davon, wer es gerade ausübt«, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) der Zeitschrift »Vanity Fair«. Denn: Amt und Glamour schlössen sich nicht aus. Welche Partei im Bundestag in seinen Augen den geringsten gesellschaftlichen Glanz ausstrahlt, wollte Wowereit nicht verraten. »Das würde zu den allerschwersten Verwicklungen führen«. Über einzelne Kollegen sprach er aber: »Gregor Gysi kann doch durchaus einen gewissen Glamourfaktor für sich beanspruchen, oder etwa nicht?!« Gysi und Wowereit kennen sich gut. Gysi war der erste PDS-Wirtschaftssenator im rot-roten Senat. »Andere Personen in der Linkspartei dafür aber umso weniger«, so der Regierungschef.

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