Das Thema Holger und Jens

SPD-Frontmänner in Sachsen-Anhalt im Streit / Auslöser sind Konjunkturgelder für Kommunen

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
In der SPD Sachsen-Anhalt kracht es: Die Finanzhilfen für Kommunen sind Auslöser für handfesten Zank zwischen Finanzminister Jens Bullerjahn und Innenminister Holger Hövelmann.

Wolfgang Böhmer ist verreist. Der CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt weilt in Jordanien. Vor seinem Abflug stellte er seinem Vize, dem Finanzminister Jens Bullerjahn, einen kuriosen Freibrief aus: Wenn es heute in der Kabinettssitzung Uneinigkeit gebe, solle der SPD-Mann Böhmers Richtlinienkompetenz ins Feld führen.

Mit Widerworten muss Bullerjahn in der Tat rechnen, und zwar ausgerechnet von seinem SPD-Kollegen und Parteivorsitzenden Holger Hövelmann. Seit Tagen liefern sich die beiden SPD-Frontmänner einen harten Schlagabtausch über die Art, wie die Konjunkturhilfen des Bundes an die Kommunen im Land weitergereicht werden. Der Finanzminister will Geld für Projekte anweisen, die mit den Ministerien abgestimmt werden; der für die Kommunalaufsicht zuständige Innenminister aber will das Geld pauschal durchreichen, was Bullerjahn »unsolidarisch« gegenüber den Kabinettskollegen nannte.

Der Zwist über die Aufbaugelder ist nicht das erste Thema, bei dem sich die Männer an der Spitze der Landes-SPD in die Haare geraten; zuletzt hatten Stellenpläne bei der Polizei für Zank gesorgt. Auffällig ist aber, mit welcher Härte der Zoff in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird. Auf einem SPD-Parteitag am Wochenende, der wegen der Herabstufung des Konservativen Klaas Hübner auf der Liste für die Bundestagswahl ohnehin unter einem schlechten Stern stand, wahrten die Kontrahenten kühle Distanz, teilten aber in ihren Reden um so kräftiger aus. Zunächst warnte Hövelmann davor, ein »Bild der Zerstrittenheit« zu vermitteln, und mahnte, man müsse »verbal abrüsten«. Bullerjahn dachte nicht daran und sagte »zum Thema Holger und Jens«, der Innenminister habe derzeit wohl »eine schwere Zeit und viele Probleme«. Hövelmann keilte zurück, es könne nicht sein, dass Bullerjahn »für sich in Anspruch nimmt, das große Ganze zu sehen, und alle anderen nicht«.

Abgezeichnet hatten sich Differenzen zwischen den Frontmännern, die beide als mögliche Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2011 gelten, bereits länger. Bemerkenswert ist indes, dass der Konflikt zu Beginn eines Wahljahres ausbricht. Noch vor sechs Monaten hatte Bullerjahn erklärt, die Frage der Spitzenkandidatur solle 2010 entschieden werden, wenn der Etat 2009 verabschiedet ist – und »am besten ohne Kampfkandidatur«. Jetzt sieht es so aus, als solle die Entscheidung vorgezogen werden – mit verblüffender Härte.

In der Sache hat Hövelmann zunächst Punkte gesammelt: Der Parteitag beschloss, die Konjunkturgelder »weitgehend pauschal« zu verteilen, und auch Böhmer kann sich entgegen früheren Äußerungen eine Investitionspauschale von 50 Millionen Euro pro Jahr vorstellen. Doch der Zoff in der SPD, die bis zum Amtsantritt des jetzigen Spitzenduos im Jahr 2004 schwere Flügelkämpfe durchlitt, dürfte weitergehen. Die LINKE, die im Landtag eine Pauschale von 250 Millionen über zwei Jahre fordern will, stichelt bereits, Regierungsfähigkeit »sieht anders aus«.

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