Pakistans positive Signale an Indien

Islamabad gibt überraschende Unterstützung bei der Aufklärung des Mumbai-Massakers

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Pakistans Bundesuntersuchungsagentur FIA hat im Zusammenhang mit dem Mumbai-Massaker von Ende November sechs Verdächtige in Untersuchungshaft genommen. Damit unternahmen die Behörden erste Schritte als Antwort auf ein indisches Dossier.

Das Anfang Januar der pakistanischen Regierung übergebene indische Dossier enthielt viele Einzelheiten zu Ablauf und Hintergrund der terroristischen Überfälle in Mumbai, bei denen über 170 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden waren. Islamabad hatte vorige Woche darauf reagiert und erstmals offiziell zugegeben, dass von seinem Territorium Terroranschläge auf indisches Gebiet erfolgten. Einen Monat lang hatte Indiens Außenminister Pranab Mukherjee das Nachbarland fast täglich gemahnt, Stellung zu dem Dossier zu beziehen. Die Verzögerung nährte Gerüchte, Islamabad wolle sich wieder einmal aus der Verantwortung stehlen, den Schwarzen Peter anderen, beispielsweise extremistischen Elementen in Bangladesch, zuschieben und das Bild einer groß angelegten internationalen Verschwörung malen.

Doch nichts von alledem, die Antwort fiel überraschend konstruktiv und detailliert aus. Der Chef des pakistanischen Innenministeriums, Rehman Malik, gab zu: »Ein Teil der Verschwörung hat in Pakistan stattgefunden.« Der einzige überlebende Angreifer Mohammed Ajmal Kasab ist Pakistaner. Die Identität der neun getöteten Terroristen konnte Islamabad nicht bestätigen. Es brauche dazu weitere Informationen von Indien, betonte Malik mehrfach. Viele im Dossier genannte Fakten bezeichnete er hingegen als korrekt. So, dass die Angreifer aus der pakistanischen Hafenstadt Karatschi gekommen waren und dass es während des Terrorschlages eine Telekommunikation zwischen den Verbrechern und ihren Hintermännern in Pakistan gab.

Malik enthüllte zudem etliche Einzelheiten, die auch für die indische Seite neu sein dürften: Die Terroristen benutzten nicht einen, sondern drei Fischkutter. Einer war angeblich an der indischen Küste Gujarats wieder aufgetankt worden. Aus Italien und Spanien sei finanzielle Unterstützung für die Mumbai-Operation gekommen. Entsprechende Bankkonten wurden inzwischen identifiziert und gesperrt. Aus Österreich stammende SIM-Karten seien für den Mobilfunk verwendet worden. Das benutzte Satellitentelefon sei in Nahost registriert worden. »Cyber-Spuren« führten auch nach Russland, hieß es weiter.

Es gibt acht Hauptverdächtige, darunter Kader der verbotenen militanten Organisation Lashkar-e-Taiba. In Rehman Maliks Bericht sind 30 zusätzliche Fragen an Indien enthalten, deren Beantwortung die pakistanischen Behörden für weitere Untersuchungen angeblich brauchen. Eine bezieht sich auf indische Helfer. Das bedeute nicht, so Malik, dass Islamabad seine Verantwortung abschieben wolle. Man bitte lediglich um Hilfe, da beide Seiten Verantwortung tragen. Er versicherte Indiens Bevölkerung und Regierung: »Wir sind mit Ihnen, und wir haben das bewiesen.«

In Delhi war man eher davon ausgegangen, Pakistan würde weiter auf Zeit spielen und eine pakistanische Rolle bei dem Massaker in Mumbai negieren. Nun wird spekuliert, ob eventuell vehementer US-amerikanischer Druck Islamabad zum teilweisen Eingeständnis bewegt habe könnte. Jedenfalls gab Außenminister Pranab Mukherjee vor dem Parlament nochmals zu Mumbai und der pakistanischen Antwort eine Erklärung ab. Gewisse von Pakistan vorgenommene Handlungen bezeichnete er darin als eine »positive Entwicklung«. Jetzt gehe es aber darum, dass der Nachbar energisch die bestehende Terror-Infrastruktur auf seinem Gebiet beseitige und die Untersuchungen zu »einem logischen Abschluss« bringe, so Mukherjee. Es müssten Taten folgen. Anzeichen für eine Wiederaufnahme des indisch-pakistanischen Friedensdialogs gibt es allerdings noch nicht.

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