Wildwest unter dieser Nummer

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Martin Kröger kritisiert Bedingungen in Callcentern.

Stell Dir vor es ist Weltwirtschaftskrise und eine Branche schafft neue Arbeitsplätze. Entgegen allen Trends meldet die Callcenter-Branche neue Stellen und steigende Umsätze. Getreu diesem euphemistischen Leitbild will man sich ab heute drei Tage lang auf der größten Fachmesse CallCenterWorld im Hotel Estrel über die Zukunft austauschen. Interessierten Laien etwa verspricht man in einem nachgebauten Callcenter »reale« Einblicke.

Doch hinter all den positiven Wirtschaftsdaten und dem Hype um modernste Techniken verbirgt sich allzu oft das Schicksal gebeutelter Mitarbeiter. Denn in einer Sache ist die Branche tatsächlich seit langem Trendsetter: in der völligen Verdichtung der Arbeit. Seit Mitte der 90er Jahre schossen die Telefonbuden, mit denen windige Unternehmer das schnelle Geld verdienten, aus dem Boden. Rechte für Mitarbeiter? Fehlanzeige. Das ist in vielen Telefon-Unternehmen, in denen es keinen Betriebsrat gibt, bis heute so.

Wer nicht spurt und absolut flexibel ist, hat in den prekären Verhältnissen keine Chance. Die Löhne liegen im untersten Bereich und sind nicht selten erfolgsabhängig. Wer etwa keine Abschlüsse liefert, bekommt nur ein minimales Entgelt. Kein Wunder, dass für viele der Hotline-Dienst nur ein Job von vielen ist. Damit auch ja niemand Rechte erwirbt, werden überdies Verträge nur kurzfristig ausgestellt. Wie kriminell die Verhältnisse im Wildwest-Callcenter-Bereich sind, belegt indes eine Studie von Ver.di, nach der 99 Prozent der Mitarbeiter unzufrieden mit ihrem Job sind. Auch damit dürfte die Branche Spitze sein.

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