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Urteil mit Haken

Ein überraschendes Urteil fällte gestern das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel: Hartz-IV-Betroffene dürfen auch in teuren Ballungszentren nicht von den Behörden gezwungen werden, in kleinere, weil für die ARGEn billigere Wohnung zu ziehen. Ein Urteil, das bitter nötig ist und hoffentlich vom BSG nicht nur für München, sondern auch für andere Städte mit einem exorbitanten Mietniveau gefällt wird. Denn Hartz IV bedeutet nicht nur Armut per Gesetz, sondern auch eine üble Diskriminierung: Arbeitslose sollen eben in kleineren Wohnungen leben als ihre finanziell gut betuchten, hart arbeitenden Nachbarn, so die absurde Logik der Hartz-IV-Befürworter.

Doch Vorsicht, das Urteil ist nur auf den ersten Blick eine Stärkung der Rechte arbeitsloser Menschen und hat einen Haken. Das BSG darf nämlich nicht die Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes für den sozialen Wohnungsbau ignorieren, die einem alleinstehenden Arbeitslosen in Bayern eine Zweiraumwohnung mit bis zu 50 Quadratmetern garantieren. Es sei »wünschenswert«, so das Gericht, der Gesetzgeber würde die Unterkunftskosten konkreter regeln. Eine Aufforderung an die Politik, diese Vorschriften zu überarbeiten und die Wohnraumgröße herabzusetzen? Dann könnte das BSG Arbeitslose doch noch aus ihren Wohnungen schmeißen. Erfahrungsgemäß wird die Politik diese Empfehlung wohl auch umsetzen. Zum Leidwesen vieler Menschen im Land.

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