Galionsfiguren der Aufklärung

Bahn will jetzt »Klarheit«

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Bahn hat einige ihrer Weichen falsch gestellt. Seit Jahren schon. Irgendwann kam die Spitzelei eigener Mitarbeiter und vermutlich auch von Konzernfremden heraus. Nun ist der Konzern »Mode« – in den Medien, in Ausschüssen des Parlaments, die ihren »Qualitätsnamen« bislang zu Recht tragen.

Strittig ist, ob die DB auch gegen Gesetze verstoßen hat. Die Bahn schließt das inzwischen selbst nicht mehr aus, mehrere bislang blinde und taube Kontrolleure des Bundestags-Verkehrsausschusses sehen Gesetzesbruch als erwiesen an. Mag sein. Unstrittig ist dagegen, dass das »System Mehdorn« in einer rechtlichen Grauzone gearbeitet hat. Und – wer weiß – auch noch arbeiten würde bei der Aufklärung der eigenen Verfehlungen.

Doch das konnte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn, der lange genug seinem Namen nicht gerecht geworden ist, nun nicht mehr zulassen. Er hat die Aufklärung der Datenaffäre »an sich gezogen«. In einer Sondersitzung beschloss man eigenständige Untersuchungen. Was immer das heißt, es heißt nicht, dass man eigene Untersuchungen anstellen wird. Die Chance, mit den Ergebnissen auf öffentlich-vertrauensvolles Nicken zu stoßen, wäre zu gering. Also suchte man – wie ertappte Konzernsünder das in vergleichbaren Fällen immer tun – nach integren Menschen, die quasi als moralische Galionsfigur dem Morgennebel entsteigen. Der Aufsichtsrat beauftragte den früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) und Herta Däubler-Gmelin, ehemalige Justizministerin mit SPD-Parteibuch, sowie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit der Aufklärung der Vorwürfe. Sie sollen ihren ersten Bericht bei der Aufsichtsratssitzung am 27. März vorlegen.

Gewiss werden sie sich der maximalen Gewissenhaftigkeit befleißigen. Gewissenhaftigkeit geht allerdings vor Schnelligkeit, sagte auch der Chef der größten Bahn-Gewerkschaft Transnet, Alexander Kirchner. Doch diese Art Gewissenhaftigkeit ist – objektiv betrachtet – aller Vertuschung Anfang. Das ist kein Vorwurf (an die mit der Untersuchung Beauftragten), das ist der Gang der Dinge. Denn wenn die ersten seriösen Erkenntnisse vorgelegt werden, haben die Vorgänge um die Bahnbespitzelung bereits einen sooooooo langen Bart. Wer weiß, mit welchem Unternehmen wir uns dann zu befassen haben – für einen kurzen Moment, bis zum abermaligen Vergessen.

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