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Fürchtet Euch nicht: Die CDU wird's richten

Norbert Röttgen schrieb ein Buch mit hoffnungsvollem Titel: »Deutschlands beste Jahre kommen noch«

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 3 Min.
»Deutschlands beste Jahre kommen noch. Warum wir keine Angst vor der Zukunft haben müssen«, hat Norbert Röttgen, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Bundestag sein Erstlingswerk genannt, das er gestern vorstellte. Auch wenn der Titel es nahelegt – dem 43-Jährigen, dem seit Längerem eine lichte Zukunft in der CDU vorausgesagt wird, geht es um mehr als eigenes Wohlbefinden.

Oskar Lafontaine wäre neidisch. Norbert Röttgen übertraf beim obligatorischen Werben ums erste eigene Buch in Berlin den Fraktionschef der LINKEN, der der Presse regelmäßig Nachhilfestunden in Sachen Makroökonomie überhilft, bei Weitem. Seine fast dreiviertelstündige Vorlesung zur Globalisierung und den Folgerungen für die Politik im Allgemeinen und die der Seinen im Besonderen stellte das erschienene Großaufgebot an Journalisten bisweilen auf eine harte Bewährungsprobe. Der Parlamentarische Unions-Fraktions-Geschäftsführer aber hatte kein Erbarmen. Botschaft für Botschaft, These für These, Folgerung für Folgerung referierte der promovierte Rechtsanwalt den Inhalt seines Werkes, mit dem er emsig am Bilde des CDU-Vordenkers weiterzubasteln gedenkt. Immerhin hat er zum Pressetermin auch seinen Fraktionschef Volker Kauder geladen – dem er freilich dann auch artig für Spielraum und Förderung jüngerer Christdemokraten dankt.

Röttgen will Mut machen. Den Menschen, die Angst vor der Globalisierung haben. Den Politikern, die sich in einer »Legitimations- und Akzeptanzkrise« befinden. Und den Mitgliedern der eigenen Partei, die ihre »Gestaltungsoption« noch viel besser ausgestalten muss. »Wenn Politik glaubt, sich in der defensiven Gestaltung des Augenblicks begnügen zu können, wird sie nicht gestalten«, schreibt Röttgen der eigenen Zunft ins Stammbuch. Ob er damit auch die CDU meint, bleibt eher unklar. Denn während er bei den »Populisten« von der LINKEN, bei der »Sinnkrise« der SPD, der nur auf Steuersenkung fokussierten FDP und den inhaltlich nackt dastehenden Grünen Klartext redet, verlangt er von der eigenen Partei lediglich, auch sie müsse »wieder politischer werden«.

Dass Röttgen mit dieser vagen Formulierung auf Gegenliebe bei seiner großen Förderin und Parteivorsitzenden Angela Merkel stößt, kann vermutet werden. Ob ihr aber seine Forderung: »Politische Führung bedeutet nicht, bei allen möglichen Fragen durchzuregieren, sondern in den wenigen wichtigen Fragen Richtung und Orientierung zu geben und zu behalten« nicht doch über die Hutschnur geht, gilt nicht als ausgemacht. Schließlich war es Merkel, die 2005 den Wählern das »Durchregieren« versprach. Und schließlich ist sie es, der immer wieder das Abtauchen bei wichtigen inhaltlichen Auseinandersetzungen vorgeworfen wird.

Aber der Kanzlerinnen-Vertraute, der der Politikerzunft vor fast drei Jahren beinahe abhanden kam, weil er – offenbar vom Politikbetrieb frustriert – in die Wirtschaft als BDI-Hauptgeschäftsführer gehen wollte, lässt keine Resignation unter den Kollegen aufkommen. »Die Zeit schreit nach politischer Gestaltung«, versichert Röttgen. »Politik kann gestalten, kann die Dinge zum Besseren wenden«, ist er sich heute sicher. Sie müsse sich zum einen als »Feuerwehr« betätigen und parallel dazu Zusammenhänge ordnen, einzelne Maßnahmen in den großen Kontext stellen. Derlei Ratschläge beherzigt, könne »die Zeit, die wir erleben, in Wahrheit als Rückkehr der Politik begrüßt werden«. Ob damit allerdings sein Titel von den kommenden besten Jahren weiterhin als frohe Botschaft wahrgenommen wird, steht in den Sternen.

Doch Bangemachen gilt nicht. Nach Einschätzung des Unionspolitikers steht seiner Partei eine lichte Zukunft bevor. Die CDU habe es mit einer »Führungserwartung« zu tun. Sie müsse die ihr auferlegte »Erklärungs- und Führungslast« in der Krise auch als Chance begreifen. Es reiche eben nicht »zu sagen, wir hatten Ludwig Ehrhard und die soziale Marktwirtschaft« – eine programmatische Weiterentwicklung sei nötig. Dass er sich dafür verantwortlich fühlt, weist der Mann, der in der Unions-Fraktion vor allem mit viel irdischem Streit in der Großen Koalition zu tun hat, zwar mit der scherzhaften Bemerkung von sich, er habe »keine Langform des nächsten Wahlprogrammes der CDU« vorlegen wollen. Aber seine Ambitionen als Kanzlerinnen-Flüsterer sind deutlich. Und offenbar erfolgreich. Hinter vorgehaltener Hand wird Röttgen in Berlin schon als künftiger Minister nach der Bundestagswahl im September gehandelt.

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