»Stinkefinger«-Affäre?

Neben der Spur: »Stinkefinger«-Affäre?

Man kann nicht allen glauben, sagen Sie? Stimmt. In Liberec beispielsweise stöckelt eine sehr blonde Dame im sehr blauen Pelzmantel umher. Manchmal überreicht sie Sportlern Blumensträuße, vielfach wird sie dabei fotografiert. Mit viel Kraft bringt sie ein Lächeln ins geliftete Antlitz, wenn sie sagt, wie sehr sie sich auch 30 Jahre nach der Ausreise als Tschechin fühle.

Ivana Trump (59), in Gottwaldov geboren als Ivana Zelníková, berühmt geworden als aufgedonnerte Ex-Gattin des US-Immobilienmilliardärs Donald Trump. Wenn sie wieder verschwunden ist, verdrehen die freiwilligen Helfer die Augen. Bei Ivana ist's einfach: An ihr ist wenig echt.

Wer aber flunkert in der »Stinkefinger«-Affäre, die hier seit dem Staffelrennen der Frauen am Donnerstag ein viel diskutiertes Thema ist? Claudia Nystad, famose blonde Schlussläuferin des zweitplatzierten DSV-Quartetts, soll dem Bundestrainer Jochen Behle nach ihrem spektakulären Zielsprint in der Mixedzone den Mittelfinger gezeigt haben, schrieben mehrere Reporter – aus Wut über dessen ständige Kritik an den Langläuferinnen und an deren finnischen Coach Ismo Hämäläinen. Eklat, Skandal, Affäre – oh, oh, oh!

Die Kritisierte ruderte zurück: Nein, das habe sie nicht getan, so Nystad ein paar Stunden später im ZDF. Wenige Sätze danach wiederum erklärte sie, das alles habe nicht Behle gegolten, sondern den Reportern, die die Sache zu so einem Thema gemacht haben. Ja wie nun, hat sie oder hat sie nicht? Wen hat sie gemeint?

Behle wiederum sagt, es gebe gar keinen Streit. Er habe auch nichts von einem Stinkefinger mitbekommen. Der Deutsche Skiverband ließ derweil verlauten, es gebe keine Strafen für Nystad. Trainer und Athletin hätten sich ausgesprochen.

Man kann nicht allen glauben, sagen Sie? Sie haben Recht. Ich war – nicht ganz zufällig – dabei, als Nystad die obszöne Geste gemacht haben soll. Links Nystad, drei Meter entfernt Behle auf der einen Seite des Zauns, 20 Reporter auf der anderen. Kann sein, ich habe gerade auf meinen Schreibblock geguckt, schließlich schrieb ich mit, was die Silbermedaillengewinnerin zu sagen hatte: Dass es ihr letztlich wurscht sei, was Behle bei den WM sagt, dass dieser Sieg allein Hämäläinen gelte. Kann sein, ich war einen Moment unkonzentriert. Das Rennen war vorbei, und ich erwartete nichts derart Aufwühlendes.

Wie auch immer: Sorry, Kollegen, ich habe den Stinkefinger nicht gesehen, und wenn er kurz zu sehen war, hätte ihn Behle nie bemerken können. Sorry, Claudia, all ihr Gemecker galt natürlich nur dem Bundestrainer! Dieser Knatsch ist noch nicht vorbei. Echt nicht.

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