Auf der Straße gegen Sarkozys Krisenpolitik

Frankreich erlebte die größten Massenproteste und Streiks seit der Wahl des Präsidenten

  • Lesedauer: 2 Min.
Zum zweiten Mal binnen weniger Wochen haben die französischen Gewerkschaften am Donnerstag Millionen von Menschen gegen Stellenabbau und Verarmung mobilisiert. Und die Bewegung scheint noch anzuschwellen.

Paris (Agenturen/ND). Mit Großdemonstrationen und Streiks protestierten die Franzosen gegen die Krisenpolitik von Staatschef Nicolas Sarkozy, der ihnen einst versprochen hatte, als »Präsident der Kaufkraft« das »Wachstum notfalls mit den Zähnen« zu suchen. Laut Gewerkschaften war die Beteiligung am Donnerstag höher als Ende Januar, als ihnen zufolge 2,5 Millionen Menschen auf die Straße gegangen waren.

Die Gewerkschaften wollen die rechte Regierung zwingen, im Kampf gegen die Wirtschaftskrise mehr für die Stärkung der Einkommen zu tun. Nach den letzten Massenprotesten hatte Sarkozy einen »Sozialgipfel« einberufen, der ein Gesamtpaket von 2,6 Milliarden Euro verabschiedete, das vor allem einkommenschwachen Haushalten helfen soll. Nachbesserungen lehnt die Regierung mit Verweis auf leere Kassen ab.

»Es sind mindestens so viele und sogar mehr Menschen als letztes Mal«, sagte François Chérèque, Generalsekretär der Gewerkschaft CFDT, bei der Kundgebung in Paris. Daran nahmen laut Polizei 85 000 Menschen teil, 20 000 mehr als Ende Januar. Die Gewerkschaften zählten sogar 350 000, die insbesondere ein Ende der Streichung von Beamtenstellen und die Anhebung von Löhnen und Renten forderten. Die CGT schätzte, dass an rund 220 Kundgebungen im ganzen Land im Schnitt ein Viertel mehr Menschen teilnahmen als im Januar.

Am stärksten war die Streikbereitschaft erneut im öffentlichen Dienst: Die Regierung teilte mit, ein Fünftel der Beschäftigten habe die Arbeit niedergelegt. Bei der Staatsbahn SNCF musste etwa die Hälfte der Züge gestrichen werden. An den Pariser Flughäfen fielen zehn bis 30 Prozent der Flüge aus. In Nizza verkehrten keine Straßenbahnen, in Bordeaux und Straßburg nur etwa halb so viele wie sonst.

Nach Umfragen stehen rund drei Viertel der Franzosen hinter den Protesten. Die Gewerkschaften konnten diesmal auch mit einer höheren Streikbeteiligung im Privatsektor rechnen, wo es zuletzt eine Welle von Entlassungen gegeben hat. Gestreikt wurde auch in einer Total-Raffinerie, nachdem der Konzern trotz eines Milliardengewinns 555 Stellenstreichungen angekündigt hatte.

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer erklärte sich in einem Brief an die französischen Kollegen solidarisch mit deren Kampf für die Sicherung von Arbeitsplätzen und für höhere Kaufkraft. Sahra Wagenknecht, Mitglied des Parteivorstands der LINKEN, äußerte: »Französinnen und Franzosen machen es uns vor: Um zu verhindern, dass die Krise auf die einfachen Leute abgewälzt wird, gehen sie auf die Straße und bestreiken die Betriebe.«

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