Stromabzocker unter Druck

Kartellamt will Preispolitik der großen Energieversorger durchleuchten

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Das Bundeskartellamt stellt die Preispolitik der führenden deutschen Stromerzeuger auf den Prüfstand. Die Überprüfung der 60 größten Energieproduzenten solle unter anderem zeigen, ob es eine »eventuelle missbräuchliche« Einflussnahme auf die Großhandelspreise für Strom gegeben habe, teilte die Kartellbehörde am Freitag in Bonn mit.

Bonn (Agenturen/ND). Das Bundeskartellamt nimmt die seit Jahren steigenden Strompreise der großen Versorger ins Visier, darunter die führenden Konzerne E.on, RWE und Vattenfall. Die Unternehmen müssen der Behörde bis Anfang Mai umfassend Auskunft über ihre Preisgestaltung erteilen. Die Strom- und Gaskunden werden nach Darstellung des Bundes der Energieverbraucher von den Anbietern »kräftiger als je zuvor ausgeplündert«.

Die Verbraucher in Deutschland zahlten jährlich Milliarden Euro zu viel und deutlich mehr als in vergleichbaren Ländern Mitteleuropas, sagte der Vorsitzende des Bundes, Aribert Peters. Die Einführung des Wettbewerbs habe sich als »Fassade« entpuppt. Die Gewinne der Versorger seien deutlich höher als in anderen Branchen. E.on und RWE hätten bei Strom und Gas auf allen Stufen der Erzeugung, Verteilung und des Vertriebs eine marktbeherrschende Stellung.

Das Bundeskartellamt will mit einer sogenannten Sektoruntersuchung mehr Transparenz in den Strommarkt bringen und den Hintergrund für Preisanhebungen erhellen. Dabei geht es um die Erzeugungs- und Beschaffungskosten, die etwa ein Drittel des Endpreises ausmachen.

Unter die Lupe genommen werden soll auch das Verhalten der Stromerzeuger auf Großhandelsmärkten, insbesondere der Strombörse EEX in Leipzig. Verbraucherschützer und Experten hatten auf mögliche Absprachen der marktbeherrschenden Unternehmen und überhöhte Preise beim Handel verwiesen. Auch eine Arbeitsgruppe auf EU-Ebene unter Beteiligung der Bundesnetzagentur hatte Schwachstellen festgestellt und bessere Regelungen gegen mögliche Manipulationen gefordert.

Die Preise an der Strombörse seien »missbräuchlich überhöht«, weil sie krass über den Erzeugungskosten lägen, erklärte Peters. Damit seien auch die Preise für den außerbörslichen Strombezug überhöht. Notwendig wäre eine wirksame Entflechtung der Energiegiganten und eine strikte öffentliche Kontrolle über die Leitungsnetze. Allein für die Nutzung der Stromnetze zahlten Verbraucher jährlich etwa 18 Milliarden Euro, investiert würden aber nur 2,4 Milliarden Euro.

Hinter der Untersuchung steht laut der »Financial Times Deutschland« unter anderem der Verdacht, dass Konzerne wie RWE, E.on, Vattenfall oder EnBW absichtlich Strommengen verknappen, um die Preise an der Strombörse und im Großhandel künstlich hoch zu halten. Diese vier Versorger verfügen zusammen auch über den Großteil der Kraftwerksanlagen.

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