Neue Flügel auf Schloß Drachenburg

Museum zur Entwicklung des Naturschutzes in Deutschland eröffnet

  • Regine Auster
  • Lesedauer: 4 Min.
Auf eine gut zweihundertjährige Geschichte kann der deutsche Naturschutz zurückblicken. Im Siebengebirge, dem wohl ältesten Naturschutzgebiet Deutschlands, entstand dafür in den letzten Jahren ein Ort der Erinnerung und Begegnung. Mitte März eröffnete Bundespräsident Johannes Rau in der Vorburg der Drachenburg bei Königswinter Archiv und Museum zur Geschichte des Naturschutzes in Deutschland.
Der Bundespräsident verwies nachdrücklich auf die Rolle der Ehrenamtler im Naturschutz. »Ohne sie wäre es schlecht bestellt um unsere Seen, Wälder und Auen, um die Tier- und Pflanzenwelt. Viele davon gäbe es ohne den ehrenamtlichen Einsatz schon seit Jahren und Jahrzehnten nicht mehr.« Der ehrenamtliche, freiwillige Naturschutz sei viel älter als der staatlich organisierte. Die historischen Dokumente, über die wir noch verfügen, stammten aber eher aus den wohl geordneten Archiven der Bürokratien. Alles andere sei weit verstreut im ganzen Land. Er sei deshalb sehr gespannt darauf, welche Quellen das neue Archiv der Naturschutzgeschichte auftun und erschließen werde, so Rau. »Vermutlich wird sich wieder einmal zeigen, dass nicht nur einige Persönlichkeiten im Rampenlicht die Geschichte gestalten, sondern viele tausend Menschen, die nie bekannt oder berühmt geworden sind«, gab der Bundespräsident zu bedenken.
Dennoch ist es sicher ein Glücksfall, dass die Stiftung Naturschutzgeschichte zunächst die Nachlässe zweier wichtiger Exponenten der frühen Natur- und Heimatschutzbewegung sichern konnte - von Ernst Rudorff und Lina Hähnle. Dies ist nicht zuletzt der Hartnäckigkeit zu verdanken, mit der die Initiatoren des »Naturschutzmuseums« über mehr als ein Jahrzehnt ihre Idee verfolgten.
Vom 8. bis 10. November 1989 trafen sich auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Beruflicher Naturschutz e.V. (ABN) 35 langjährig aktive Naturschützer, darunter die Professoren Wolfram Pflug, Wolfgang Erz und Konrad Buchwald sowie Henry Makowski zu einem Werkstatt-Gespräch »Naturschutz-Geschichte«. Mitten in das Treffen platzte der Mauerfall.
Einziger Gast des Werkstatt-Gesprächs aus der DDR war damals der langjährige Kreisnaturschutzbeauftragte und Sachbuchautor Erich Hobusch aus Berlin-Friedrichshagen. Auf dem Treffen wurde die Idee für die Einrichtung eines Archivs und Museums zur Geschichte des Naturschutzes Deutschland geboren. Mehrmals in den folgenden Jahren drohte das Projekt zu scheitern.
Schloß Drachenburg und die zugehörige Vorburg waren 1989 von der Nordrhein-Westfalen-Stiftung für Naturschutz-, Heimat- und Kulturpflege erworben worden. Über die Nutzung des stark sanierungsbedürftigen Gebäudekomplexes gab es zwischen NRW-Stiftung und dem »Förderkreis Drachenfelsmuseum« zunächst keine Einigung. Mit Hilfe des im Zusammenhang mit dem Berlin-Umzug der Bundesregierung erlassenen Bonn-Ausgleichs-Gesetzes gelang schließlich 1996 die Gründung einer bundesweiten Stiftung Naturschutzgeschichte durch die Länder Nordrhein-Westfalen und Bran-denburg sowie die NRW-Stiftung Naturschutz-, Heimat- und Kulturpflege.
Mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen, der NRW-Stiftung, der Deutschen Bundesstiftung Umwelt sowie Mitteln des Bonn-Ausgleichs begannen 1997 die Sanierungsarbeiten der Vorburg Drachenfels und die Einrichtung eines Naturschutz-Museums. Die Kosten beliefen sich auf fast 7Millionen Euro.
Das nun eröffnete Museum zeigt in den zwei Flügeln der Vorburg auf 400 Quadratmetern eine Exposition zu den Themen Entwicklung des Naturschutzes in seiner Auseinandersetzung mit dem Wandel der Kulturlandschaft und dem Vogelschutz. Dezidiert setzen die Ausstellungsmacher auf eine moderne Gestaltung und damit auf eine gewisse »Naturferne«. Im »Kulturlandschaftsflügel« betritt der Besucher zunächst eine sich langsam drehende Scheibe, die ihn am Prospekt einer »Ideallandschaft« vorbeiführt. Sich kreuzende Linien der sich anschließenden Raumkonstruktion symbolisieren die zunehmende Monotonie und den Verlust von Artenvielfalt in der Kulturlandschaft auf der einen und den sich entwickelnden Naturschutz auf der anderen Seite. In den drei Themenblöcken »Moor«, »Naturschutz im Dritten Reich« und »Naturschutz auf 100 Prozent der Fläche« werden Nutzungs- und Schutzkonflikte dargestellt, wobei es weniger kundigen Besucher schwer fallen könnte, den »Roten Faden« des Themas nachzuvollziehen.
Im Flügel »Vogelschutz« beherrschen lebensgroße Glasfiguren, die Alben vor ihren Glaskörpern tragen, den Raum. Acht Persönlichkeiten wie Lina Hähnle, Paul Robien oder Jens Wand stehen stellvertretend für die soziale Bewegung des Natur- und Vogelschutzes. Von einer Zwischenebene können die Besucher mit Ferngläsern auf Bildschirmen verschiedene Vogelarten im Flug beobachten. Verspiegelte Wände verleihen dem dunkel gehaltenen Raum Weite, in dem Themen wie der Kampf gegen die Federmode, um den Knechtsand im Wattenmeer und gegen die Ölverschmutzung vorgestellt werden. Ergänzt wird die Ausstellung durch ein computergestütztes Besucherinformationssystem.
Der Eröffnung des Museums schloss sich eine Fachtagung an, auf der noch einmal durch den Geschäftsführer der Stiftung, Thomas Neiss, der Werdegang des Projekts sowie in einer Reihe von Fachvorträgen Persönlichkeiten aus der Geschichte des Naturschutzes vorgestellt wurden. Zu solchen »Foren» will die Stiftung künftig regelmäßig einladen. So ist vom 3. bis 5.Juli dieses Jahres in Zusammenarbeit mit der Uni Bielefeld ein Fachkongress zum Thema »Naturschutz und Nationalsozialismus« in Berlin geplant.

Stiftung Naturschutzgeschichte, Drachenfelsstr. 118, 53639 Königswinter, Tel. (02223) 700570, Fax: -700580, E-mail: zentrale@naturschutzgeschichte.de, Internet: www.naturschutzgeschichte.de
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