Viel Ramsch in deutschen Banken

Finanzaufsicht beziffert Risikopapiere auf 816 Milliarden Euro / Vorbereitung auf »Bad Banks«

  • Lesedauer: 3 Min.

Die bei deutschen Banken schlummernden Risiken sind offenbar höher als bisher bekannt. Dies offenbart ein internes Papier der Finanzaufsicht.

Frankfurt/Berlin (ND/Agenturen). Die Finanzkrise trifft die deutschen Banken laut einem Bericht der »Süddeutschen Zeitung« stärker als bisher bekannt. Die »SZ« veröffentlichte am Wochenende eine interne Aufstellung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wonach die Risikosumme von 17 Banken bei problematischen Krediten und Wertpapieren bei 816 Milliarden Euro liegen soll. Laut »SZ« gibt das Dokument erstmals einen Überblick, welche Kredite und Wertpapiere die Institute in problematischen Geschäftsfeldern besitzen. Besonders betroffen seien die Hypo Real Estate (268 Milliarden), mehrere Landesbanken und die Commerzbank (101 Milliarden).

Den Banken selbst war die Aufstellung der BaFin bislang offenbar nicht bekannt. Die aufgeführten Banken wiesen die Zahlen dem »SZ«-Bericht zufolge überwiegend als irreführend zurück. Die BaFin schaltete wegen des Verdachts auf Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht die Staatsanwaltschaft ein und warnte vor einer Fehlinterpretation des Papiers. Eingeflossen seien nicht nur toxische oder andere Wertpapiere, sondern auch Vermögenswerte, die nach Bankenangaben nicht mehr zur aktuellen Geschäftsstrategie passen und ausgegliedert werden könnten. Die Liste lasse keinerlei Rückschlüsse auf Risiken, Verluste oder gar die Bonität der Kreditinstitute zu. Auch Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen warnte davor, der Liste zu viel Aussagekraft beizumessen.

Die interne Aufstellung ist laut »SZ« für die Regierung von großer Bedeutung, denn sie fließt in die Pläne zur Errichtung von sogenannten »Bad Banks« ein. Diese sollen den Geldhäusern Risikopapiere abnehmen, deren Wertberichtigungen ansonsten das Eigenkapital aufzehren könnten.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast forderte von der Bundesregierung »umgehend klare Aussagen über den Umfang der Risiken im Zusammenhang mit der geplanten Bad Bank«. Endlich komme die Wahrheit ans Licht, sagt sie mit Blick auf das BaFin-Papier.

Derweil wird der Zeitdruck laut einem »Spiegel«-Bericht größer, eine Lösung für angeschlagene Landesbanken zu finden. Bringe das heutige Treffen von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit Länderministerpräsidenten kein Ergebnis, sei eine Lösung vor der Sommerpause kaum möglich. Dann könne aber zumindest ein Institut existenziell bedroht sein.

Nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist die Befreiung der Banken von »toxischen« Wertpapieren im Kampf gegen die globale Finanzkrise unverzichtbar. IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn sagte am Rande der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington, eine vollständige Erholung der Weltwirtschaft hänge entscheidend davon ab, die Banken wieder zur Kreditvergabe zu bewegen.

Vier kleinere Regionalinstitute in den USA werden sich daran aber nicht beteiligen können – sie wurden von der Einlagensicherungsbehörde jetzt geschlossen. Derweil bestanden die meisten der 19 einem Belastungstest unterzogenen US-Großbanken mit einer Bilanzsumme von mehr als 100 Milliarden Dollar einen »Stresstest« durch die Notenbank Fed. Allerdings forderte die Regierung laut Medienberichten mindestens eine bis drei Banken auf, die Kapitalreserven aufzustocken.

Fragen des Lichtkünstlers Oliver Bienkowski zur HRE-Rettung Foto: dpa

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