Flugfeld für alle ist machbar, Herr Nachbar

Besetzung Tempelhofs für 20. Juni angekündigt / Unmut über fehlende Bürgerbeteiligung bei Nachnutzung

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Ginge es nach der linken Initiative »Squat Tempelhof«, dann könnte es einen Tag der Offenen Tür wie gestern 365 Tage im Jahr auf dem Flugfeld Tempelhof geben. Die Gruppe, die sich nach dem englischem Wort für »Besetzung« benannt hat, plant für den 20. Juni eine öffentlichkeitswirksame Okkupation des seit Oktober 2008 stillgelegten Fluggeländes.

»Wir erwarten dazu 10 000 und mehr Menschen und mobilisieren dafür europaweit«, sagt Rosa Paul von »Squat Tempelhof«. Ziel der Aktion soll sein, den Zaun zu überwinden und das Gelände mit zivilem Ungehorsam zu erobern. »Tempelhof für alle« eben. Konfrontationen mit der Polizei möchte man jedoch aus dem Weg gehen. Vielmehr sollen Anwohner und Kiez-Initiativen endlich Zugang zu dem Areal erhalten. Wobei der Ideenreichtum für die Nachnutzung keine Grenzen kennt: Interkulturelle Gärten, Spiel und Sportstätten für Kitas und Schulen, Parks und Grünflächen wären ein Anfang, meint Paul.

Für besonderen Ärger sorgt indes das intransparente Verfahren und der Ausschluss der Bürger von der Debatte über die Nachnutzung des Geländes. Obwohl doch während des Tempelhof-Begehrens von der rot-roten Koalition mit Slogans wie »Flughafen für Superreiche? Wir lassen uns nicht auf den Arm nehmen!« geworben wurde. Mit einem exklusiven Wohngebiet für Reiche inklusive einer Verdrändung der ärmeren Bevölkerung in der Umgebung wären die Aktivisten von »Squat Tempelhof« aber ebenso wenig einverstanden. Wer nun glaubt, es handele sich lediglich um eine marginale Gruppe ohne Einfluss, könnte sich getäuscht sehen. Wie bei »Mediaspree versenken!« sind die Aktivisten gut vernetzt – und vor allem treffen sie einen Nerv.

»Es gibt zwar keine Massenbewegung, aber diejenigen, die hier an der Schillerpromenade engagiert sind, nervt es schon, dass nichts auf dem Flugplatz passiert«, sagt Norbert Kleemann, der das Webfernsehen Neukölln TV betreibt und auch Führungen durch den Kiez organisiert, in dem er seit 13 Jahren lebt.

Eine ähnliche Meinung hat auch Manfred Herrmann, der mit der Bürgerinitiative flugfreies Tempelhof (BIFT) jahrelang gegen den Flugbetrieb kämpfte. BIFT hat sich zwar aufgelöst, aber Herrmann ist weiter interessiert. »Es ist problematisch, dass der Senat nicht mal organisierte Touren anbietet oder es Sportvereinen ermöglicht, auf der Fläche aktiv zu werden«, findet Herrmann. Dabei böte sich die Fläche so ideal für eine Freilandnutzung an. Eine Besetzung hält er trotz Sympathie für schwierig. »Dann haben wir hier sofort illegale Auto- und Motorradrennen.«

www.tfa.blogsport.de

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