Bausparen, Hausfinanzierung, Immobilien als Geldanlage

Teil 19 – Interview mit Experten der Verbraucherzentrale

  • Lesedauer: 5 Min.
Niels Nauhauser lebt seinen Leitspruch: »Guter Rat ist unabhängig!« Er ist Produktmanager Altersvorsorge, Banken, Kredite in der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und Buchautor (Lexikon der Finanzirrtümer, Econ Verlag). Unser Autor Hermannus Pfeiffer sprach mit Nauhauser über goldene Regeln in der Baufinanzierung.

ND: Das Angebot an Baufinanzierungen erscheint dem Laien als ein undurchsichtiger Dschungel, in dem Bausparkassen und Internet-Discounter, Banken und Versicherungen die großen Tiere sind. Wie verschafft sich der angehende Häuslebauer einen Überblick?
Nauhauser: Undurchsichtig wäre der Dschungel nur, wenn die Angebote nicht vergleichbar wären. Das sind sie glücklicherweise aber, sofern die Kreditsumme in jedem Angebot gleich ist und auch die monatliche Rate. Häuslebauer sollten hier also klare Vorgaben machen und dann auf Basis des Effektivzinssatzes vergleichen.

Bei sogenannten Kombiprodukten klappt das nicht.
Finger weg von Kombinationsprodukten, die Bausparen oder Lebensversicherungen und Baufinanzierung mischen. Diese Angebote sind meistens undurchsichtig, es fehlt ein Effektivzins für die gesamte Vertragskombination. Sie lassen sich daher mit anderen Angeboten kaum vergleichen. Und sie sind häufig teurer als sie scheinen. Wenn Sie auf solche Kombiprodukte verzichten, bleiben nur zwei Stellschrauben zu richten: die Kreditsumme und die monatliche Rate. Beides sollte sich aus einer guten Beratung im Vorfeld bereits ergeben haben.

Und dann kann man leicht am Effektivzins ablesen, welches das beste Angebot ist?
Ja!

Was verstehen Sie unter einer guten Beratung?
Ziel sollte es sein, die ganze Baufinanzierung auf ein solides Gerüst zu stellen: Einkommen, persönliche Lebensplanung, Kinder und Erziehungszeiten, berufliche Perspektive und vieles mehr gehören dazu. So sollten Menschen mit geringem Einkommen nur bauen, wenn sie über ein hohes Eigenkapital verfügen, beispielsweise durch eine Erbschaft. Auch dann muss man immer eine Liquiditätsreserve einplanen, falls das Auto kaputt geht oder die Baukosten später doch höher ausfallen als ursprünglich geplant.

... und Versicherungen?
Berufsunfähigkeit und Todesfall sollten zuvor abgesichert werden – doch das kostet Geld, das bei der monatlichen Rate fehlen wird. Zudem macht es oft Sinn, vorhandene Sparvorhaben und Rentenversicherungen einzustellen, weil der Darlehenszins höher ist als der Anlagezins. Das sind alles Themen, die man in einer guten Beratung ansprechen muss. Eine gute Beratung kann dann sogar bedeuten, dass man Ihnen sagt: »Lassen Sie es!«, etwa, weil der finanzielle Spielraum zu eng ist.

Wenn es gut geht, schaut man, ob die monatliche Rate tragfähig ist ...
... oder andersrum: Kann man mehr als die üblichen 1 Prozent tilgen, vielleicht sogar 3, 4 oder 5 Prozent? Das ist ein Balanceakt. Das Ziel muss sein, die Schulden so schnell wie möglich abzutragen und sich gleichzeitig nicht finanziell zu überfordern.

Unübersichtlich erscheint dem Laien ebenfalls die Vielfalt der staatlichen Förderprogramme.
Die ist auch für den Profi ziemlich unübersichtlich. Ich empfehle drei Ansprechpartner. Die KfW-Bank, bei ihr kriegt man Informationen, welche Förderung gibt es überhaupt, was wird gefördert und zu welchen Konditionen. Dann gibt es die L-Bank, mit ganz speziellen Programmen, die sich etwa an einkommensarme Familien wenden.

Einkommensarme Familien sollen doch bauen?
Das klappt nur, wenn sie viel Eigenkapital mitbringen, beispielsweise weil Grund und Boden schon von den Eltern geschenkt wurde. Einkommensarme Familien sind häufig diejenigen, die nicht bauen sollten, weil das Risiko zu groß ist. Das ist auch nicht weiter schlimm, denn pauschal kann man ohnehin nicht sagen, dass Eigentum billiger ist als Miete.

Und die dritte Anlaufstelle ...
... ist die Gemeinde, das Liegenschaftsamt. Von dort kriegt man mancherorts auch noch Zuschüsse.

Das Nadelöhr ist dann möglicherweise die gewählte Bank.
Wenn Sie sich Klarheit über alle Fördermöglichkeiten verschafft haben, bleibt die Frage, ob Ihr Finanzdienstleister diese auch anbietet. Leider machen das nicht alle Banken und Sparkassen, weil es für sie nicht lukrativ genug ist. Das gilt auch für den neuen Wohn-Riester, bei dem die Darlehenstilgung im Rahmen der Riester-Rente gefördert wird.

Unter Umständen stehen sich dann geförderte und ungeförderte Angebote gegenüber. Dieser Vergleich ist dann allerdings oft schwierig und Sie brauchen noch mal eine gute Beratung. Da empfehle ich dann tatsächlich, eine Verbraucherzentrale vor Ort einzuschalten.

Sie gelten nicht als Freund des Bausparkredits.
Wenn Sie jetzt und heute bauen wollen, wird Ihnen oft ein Kombinationsprodukt angeboten aus einem Vorausdarlehen, einem Sparvertrag und später dem Bauspardarlehensvertrag. Aus diesen drei Verträgen könnte man, wenn man möchte, einen Gesamteffektivzins errechnen. Der wird aber von der Bausparkasse oder Bank in der Regel nicht angegeben. Außer bei Wohn-Riester, da muss der Finanzdienstleister ihn nämlich laut Gesetzgeber angeben. Aber ansonsten wird er verschwiegen und der Verbraucher kann solche Angebote praktisch mit keiner anderen Offerte irgendwie vergleichen.

Das kann teuer werden.
Grundsätzlich ist der Nachteil solcher Kombi-Produkte, man tilgt am Anfang nicht, sondern legt Geld an. Für diesen Bausparvertrag kriegt man vielleicht ein Prozent Zinsen, während man sich Geld leiht zu vier oder fünf Prozent und obendrein noch eine Abschlussgebühr bezahlt. Sie machen am Anfang auf jeden Fall ein Minusgeschäft! Man fährt die ersten zehn Jahre also deutlich schlechter als mit einem reinen Tilgungsdarlehen.

Warum sollte man jemandem so ein Produkt empfehlen?
Das einzige theoretische Argument: Man will sich gegen einen Zinsanstieg absichern. Dann könnte das Kombi-Produkt am Ende unterm Strich besser abschneiden. Aber das ist eine kleine Chance, für die Sie zunächst jahrelang sehr viel bezahlen müssen. Man wird besser fahren mit einer langen Zinsbindung, also für 15 oder 20 Jahre, beim herkömmlichen Annuitätendarlehen.

Aber, die typische junge Familie verfügt über einen zuteilungsreifen Bausparvertrag, wenn sie bauen will.
Hier ist schlicht der Darlehenszins entscheidend: Ist er niedriger als beim Bankdarlehen, prima. Dann baut man den Vertrag in die Finanzierung ein. Aber die meisten Zinssätze für Bauspardarlehen liegen derzeit bei fünf Prozent und sind damit nicht attraktiv. Daher nimmt man in der Regel das Guthaben aus der Bausparkasse raus und finanziert über ein normales Bankdarlehen.

Verraten Sie uns noch eine Goldene Regel?
Zwei. Je mehr Eigenkapital, desto sicherer ist die Finanzierung. Als Minimum empfehlen wir Verbraucherschützer 20 Prozent. Und: Je schneller getilgt wird, desto geringer ist das Risiko. Kurzum, Sie brauchen eine gewisse berufliche Sicherheit und Planungssicherheit für Ihre Zukunft. Wer das nicht hat, sollte lieber die Finger von jeder Baufinanzierung lassen.

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