Krankenversicherung: Höherer Kinderfreibetrag bei Zuzahlungen für Kassenleistungen

Bundessozialgericht

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Eltern können künftig bei den Zuzahlungen zur gesetzlichen Krankenversicherung deutlich höhere Freibeträge geltend machen. Nach einem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts können für jedes Kind bei der Berechnung der Zuzahlung 5808 statt nur 3648 Euro vom Einkommen abgezogen werden. Ein Familienvater aus Bremen hatte auf den höheren Freibetrag hingewiesen, der eindeutig so im Gesetz stehe. Das hatten auch die Landessozialrichter so gesehen, die Kassen hatten das aber nicht anerkennen wollen und waren nach Kassel gezogen. Doch auch die obersten Sozialrichter Deutschlands gaben dem Mann jetzt recht (Az.: B 1 KR 17/08 R).

Gesetzlich Versicherte können sich von der Zuzahlung zur Krankenkasse befreien lassen, wenn der Gesamtbetrag im Jahr zwei Prozent des Bruttoeinkommens übersteigt. Bei chronisch Kranken – wie bei der Ehefrau des Klägers – liegt die Grenze bei einem Prozent. Für jedes Kind können Freibeträge abgezogen und so kann das Einkommen runtergerechnet werden. Der zweifache Vater fand in den Gesetzen Formulierungen, die bislang von den Kassen ignoriert worden waren.

Entsprechend setzten die Richter den Freibetrag für Kinder noch einmal fest. Demnach könnten nicht nur 1824 Euro für das »sächliche Existenzminimum« des Kindes, sondern noch einmal 1080 Euro für den »Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf« des Kindes abgesetzt werden. Würden Ehegatten zusammen veranlagt, sei der Betrag zu verdoppeln. Entsprechend könnten pro Kind 5808 Euro vom Einkommen heruntergerechnet werden.

Aber wie immer werden die Kassen die Korrektur nicht von allein übernehmen. Man wird sie wohl wieder einige Male darauf hinweisen müssen.

Übriges hat das Bundessozialgericht ein weiteres Mal energisch reagiert – das auch zum Wohle der Patienten.

Die kollektive Rückgabe ihrer Kassenzulassung im Rahmen eines Ärztestreiks hat für einige Kieferorthopäden Folgen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts dürfen sie frühestens nach einer sechsjährigen Sperre wieder gesetzlich versicherte Patienten behandeln. In mehreren Grundsatzurteilen erklärten die Kasseler Richter entsprechende Regelungen für rechtmäßig. (AZ: B 6 KA 14/08 R u.a.)

Die Sperrfrist gelte dann, wenn das Land als Aufsichtsbehörde feststellt, dass die Versorgung der Versicherten in mindestens einem Planungsbereich nicht mehr sichergestellt ist, so die Richter. Die sechsjährige Sperrfrist gelte für das gesamte Bundesgebiet.

Hintergrund des Rechtsstreits waren Proteste von niedersächsischen Kieferorthopäden im Jahr 2004. Damals hatten 72 von 180 Kieferorthopäden in Niedersachsen ihre kassenärztliche Zulassung aus Protest gegen die Gesundheitsreform 2003 zurückgegeben.

Das Land stellte daraufhin fest, dass die Versorgung der Patienten in den Landkreisen Cuxhaven, Hannover und Hildesheim nicht mehr sichergestellt sei.

Die Krankenkassen schlossen daraufhin direkte Verträge mit Krankenhäusern und behandlungsbereiten Ärzten, teilweise mit Ärzten aus dem Ausland. Als nach einigen Wochen der Ausstand der Zahnärzte beendet war, wollten einige Kieferorthopäden ihre Zulassung zurück haben.

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