Kritiker wird in den Sumpf gedrängt

Sachsens Regierung informiert detailliert über Auftragsvergabe an SPD-Unternehmer Nolle

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Der sächsische SPD-Politiker Karl Nolle wird nach der Veröffentlichung eines CDU-kritischen Buches weiter attackiert. Nachdem die Regierung detailliert über öffentliche Aufträge für seine Druckerei informierte, wähnen ihn CDU-Kreise im »roten Sumpf«.

Sachsens Staatskanzlei hat keinen nennenswerten Anteil am Umsatz der Druckhaus Dresden GmbH. Für exakt 331,30 Euro hat die Regierungszentrale in der Firma drucken lassen, die dem 61-jährigen SPD-Abgeordneten Karl Nolle gehört. Die Zahl steht in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Heinz Lehmann, in der detailliert öffentliche Aufträge an den Betrieb aufgelistet sind.

Dass Nolle empört auf die Veröffentlichung reagierte, liegt freilich weniger an etwaiger Vernachlässigung seines Unternehmens durch die Staatskanzlei, sondern an der Interpretation weiterer veröffentlichter Zahlen durch den Fragesteller von der CDU. Der Liste zufolge hat Nolles Betrieb seit 2004 von Ministerien und nachgeordneten Einrichtungen Aufträge über 1,86 Millionen Euro erhalten. Ein Großteil davon kommt aus dem Zuständigkeitsbereich des Kunstministeriums: Für 720 000 Euro ließ das Staatsschauspiel Dresden drucken, für 588 000 die Semperoper. Weil das Haus von der SPD-Frau Eva-Maria Stange geleitet wird, wähnt Lehmann Nolle im »roten Sumpf«.

Grober Unfug, erwidert der SPD-Mann. Nicht nur seien Semperoper und Staatsschauspiel selbstständige Einrichtungen; die wirtschaftliche Kooperation mit beiden reiche zudem weit in die Ära der CDU-Kunstminister Hans-Joachim Meyer und Matthias Rößler zurück, wie die Auflistung zumindest für 2004 belegt. Die SPD-Frau Stange hatte das Ressort erst Ende jenes Jahres übernommen. Den Verdacht, Aufträge nach Parteibuch erhalten zu haben, nennt Nolle, in dessen Betrieb 70 Menschen arbeiten, daher nicht nur falsch, sondern auch geschäftsschädigend. Dass die Regierung, die sich mit Auskünften etwa zur maroden Landesbank äußerst bedeckt gehalten hatte, derart detailliert Zahlen offen lege, sei ein »singulärer Vorgang«, sagte er ND.

Für die Auskunftsfreude hat die Staatskanzlei womöglich Gründe. Auffällig ist, dass Lehmann seine Fragen kurz vor Bekanntwerden eines Ermittlungsverfahrens gegen Nolle stellte, bei dem es um den Verdacht des Subventionsbetruges geht. Die Information war Ende Mai umgehend an die Presse gesickert – aus Regierungskreisen, wie Nolle vermutet. Er hatte von einer »politischen Kampagne« gegen ihn gesprochen. Die Antworten zu den Fragen in Sachen Auftragsvergabe, die nach Überzeugung Nolles nicht von Lehmann formuliert wurden, seien »ein weiterer Teil der Kampagne«, sagte Nolle gestern. Auch der Linksabgeordnete Klaus Bartl ist überzeugt, es gehe darum, Nolle »zum Schweigen zu bringen«.

Die Notwendigkeit scheint man in der Union spätestens zu sehen, seit Nolle sein Buch über den Umgang der CDU mit ihrer Vergangenheit als DDR-Blockpartei vorlegte (ND berichtete). Nachdem der SPD-Mann bereits an der Demontage der Regierungschefs Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt beteiligt war, attackiert er nun zahlreiche Unionspolitiker, darunter Ministerpräsident Stanislaw Tillich, dem er vorwirft, offizielle Biografien »manipuliert« und Details seines politischen Werdegangs verschwiegen zu haben.

Um das Buch gibt es seit Wochen scharfen Streit. Der frühere CDU-Innenminister Heinz Eggert, dem Nolle die Weiterbeschäftigung von MfS-Mitarbeitern in Sachsens Polizei vorwirft, lastet diesem an, mit »Stasi-Methoden« zu agieren. Und selbst eigene Genossen gehen auf Distanz: Tillich-Vize und SPD-Chef Thomas Jurk sprang im Landtag dem Ministerpräsidenten demonstrativ zur Seite; Gunther Hatzsch, Vizepräsident des Landtags, verglich Nolle gar mit einem Hassprediger: »Er sät Zwietracht in unsere Gesellschaft.« Politische Attacken parierte Nolle bislang mit scheinbar stoischer Ruhe. Nun, meint Bartl, gehe es offenbar darum, seinen »unternehmerischen Leumund« zu ramponieren.

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