Clinton auf Werbetour in Afrika

Die USA wollen auf dem rohstoffreichen Kontinent verlorenes Terrain wiedergutmachen

  • Marc Engelhardt, Nairobi
  • Lesedauer: 4 Min.
Elf Tage Afrika: USA-Außenministerin Hillary Clinton befindet sich derzeit auf ihrer bisher längsten Auslandsreise. Von Kenia reiste die Ministerin weiter nach Südafrika und Angola. Derzeit weilt sie in der Demokratischen Republik Kongo. Und vor ihrem Rückflug nächste Woche von den Kapverden, wird sie auch Nigeria und Liberia noch eine Stippvisite abstatten.

Ein kleiner Fehler mit großer Wirkung. Nach Barack Obama ist Bill Clinton der bekannteste USA-Politiker in Afrika. Und so verwechselte der Übersetzer bei der Frage eines kongolesischen Studenten an Hillary Clinton die beiden Namen. Der Student hatte wissen wollen, was Obama (der Übersetzer: Bill Clinton) zum Engagement Chinas und der Weltbank in der Demokratischen Republik Kongo meine. Der Übersetzungsfehler empörte Washingtons Chefdiplomatin: »Sie wollen wissen, was mein Mann denkt? Mein Mann ist nicht der Außenminister, das bin ich. Fragen Sie mich nach meiner Meinung, dann sage ich sie Ihnen.« Für ihren Mann dagegen spreche sie nicht, betonte Clinton.

Der Ärger war freilich nur von kurzer Dauer. Wie zuvor in Angola stand im Hintergrund der Gespräche in der Demokratischen Republik Kongo, wo Clinton am Montagnachmittag landete und am Dienstag mit Präsident Joseph Kabila zusammentraf, stets die Rohstoffversorgung der USA. Kaum ein anderes afrikanisches Land verfügt über eine solche Fülle an Mineralien wie das ehemalige Zaïre, das wie sein Nachbar Angola unter den Folgen eines jahrzehntelangen Bürgerkriegs leidet. Doch anders als in Angola ist ein Ende der Kämpfe zwischen Rebellen und Regierungsarmee im Osten des Landes nicht in Sicht. »Mädchen und Frauen werden brutal vergewaltigt, Häuser werden abgefackelt, ganze Dörfer geplündert«, beschreibt Marcel Stoessel von Oxfam die Situation. Zu den Tätern gehören auch Regierungssoldaten. Mehr als 300 000 Menschen sind seit Anfang des Jahres aus ihren Dörfern in der Nord-Kivu-Region geflohen. Und doch gibt es Hoffnung. »Es ist ein gutes Zeichen, dass Hillary Clinton hierher kommt, um die Folgen des Krieges zu sehen«, freut sich Florence Jambuko, die schon seit Wochen dem Besuch in der Provinzhauptstadt Goma entgegenfiebert. »Wenn die USA genügend Druck ausüben, dann wird es vielleicht doch eines Tages Frieden geben.«

Der Besuch in Goma wird im krassen Gegensatz zum vorangegangenen, äußerlich harmonisch verlaufenen Aufenthalt in Angola stehen. So sonnig wie das Wetter in Luanda war das Lächeln, das Hillary Clinton den Kameras in Angolas Hauptstadt schenkte. Auch ihre Worte waren wohl gewählt: Nachdem sie wenige Tage zuvor in Kenia lautstark Korruption verurteilt und gute Regierungsführung gefordert hatte, war die Kritik an Angolas Regierung deutlich gebremst. »Korruption ist überall ein Problem«, relativierte die US-Außenministerin die Kritik von Opposition und Menschenrechtlern, nach denen die Milliardengewinne in Afrikas größter Ölfördernation zum großen Teil in den Taschen einer seit Jahrzehnten regierenden Elite versickern. »Es ist nur fair zu sagen, dass Angola begonnen hat, seine Transparenz zu erhöhen.«

Der seit drei Jahrzehnten an der Staatsspitze agierende José Eduardo Dos Santos will denn auch nach Clintons Worten »rechtzeitig« Wahlen in seinem Land abhalten. Er habe ihr zugesichert, dass eine neue Verfassung ausgearbeitet werde und Wahlen dann »so bald wie möglich« stattfinden.

Gut Wetter zu machen, das gehörte bei Clintons Besuch dazu: Schließlich sollen die seit der Wahl von Präsident Barack Obama wieder aufgefrischten Beziehungen beider Staaten unbedingt stabil bleiben. Für José Eduardo dos Santos sind die USA allerdings durchaus kein selbstverständlicher Partner. Sieben Jahre nach Ende des Bürgerkriegs, den die USA anheizten, indem sie die Rebellen der UNITA finanzierten und ausrüsteten, stehen viele Veteranen in der Regierung den US-Amerikanern skeptisch gegenüber. 27 Jahre dauerten die Kämpfe, mehr als 300 000 Menschen kamen ums Leben. Umso unglaublicher ist der rasante wirtschaftliche Aufschwung des Landes, auch wenn der Großteil der Bevölkerung bis heute unter der Armutsgrenze lebt.

Vor allem jenseits der mit Neubauten protzenden Glitzermetropole Luanda, die inzwischen als teuerste Stadt der Welt gilt (ausländische Ölarbeiter zahlen für ein einfaches Apartment mehr als 10 000 Euro im Monat), sind die Folgen des Krieges bis heute zu spüren. Im Planalto etwa, auf der Hochebene, wo selbst fruchtbarstes Land bis heute nicht bebaut werden kann, weil Landminen riesige Gebiete unerschließbar machen. »Auf manchen Straßen liegen Minen verschiedener Rebellengruppen in Schichten übereinander, weil sich im Verlauf des Kriegs die Fronten geändert haben«, erklärt Richard Grindle, der für die Nichtregierungsorganisation HALO arbeitet. »Eine einzige Mine reicht aus, um einen Bus oder einen Truck voller Menschen in die Luft zu jagen und ein Blutbad zu erzeugen, deshalb müssen wir alle Straßen von Anfang bis Ende untersuchen.« Trotz fortschrittlichster Technik kommen Grindle und seine Kollegen pro Tag im Regelfall nur wenige hundert Meter voran. Noch rund zehn Jahre, so Grindles Schätzung, wird es dauern, bis alle Minen entfernt sind.

Hillary Clinton unterschrieb am Montag ein Abkommen, das Millionenhilfen für den Wiederaufbau der Landwirtschaft in Angola vorsieht. USA-Unternehmen investieren außerdem in den Aufbau der Flüssiggasproduktion und natürlich die Ölförderung: Gut die Hälfte des angolanischen Öls wird von US-Firmen gefördert, auch wenn die USA bislang nur sieben Prozent ihres Ölbedarfs aus Angola decken – im Gegensatz zu China, für das Angola der größte Öllieferant ist. Auch wenn Hillary Clinton es immer wieder bestreitet: Der Kampf um Rohstoffe steht im Mittelpunkt ihrer elftägigen Reise durch den afrikanischen Kontinent – angeheizt insbesondere durch die massive Nachfrage aus China.

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