Genüsslich durchs Salzburger Land

Wandernde Gourmets fühlen sich auf den sieben Wegen der »Via Culinaria« wie im siebten Himmel

  • Heidi Diehl
  • Lesedauer: 6 Min.
Johanna und Josef Rieger
Johanna und Josef Rieger

Hans Burgstaller kennt sie alle – Frauenmantel und Almgras, Wilden Thymian und Mauerpfeffer, Katzenpfötchen und Sonnenröschen. Eine Wanderung mit dem Biologielehrer über die 46 Quadratkilometer große Postalm im Salzburger Land ist ein ungemein kurzweiliger wie schmackhafter Streifzug durch die alpenländische Kräuterküche. Gemeinsam mit einer Gruppe von Schülern hat er vor zwei Jahren den »Almblumenweg« angelegt, Infotafeln und Markierungen aufgestellt. Vier Stunden sollte schon einplanen, wer sich mit ihm auf den Weg macht. Danach ist man ein gutes Stück schlauer und weiß, warum der Käse von der Schnitzhofalm am Ende des Weges so würzig schmeckt.

Hier verarbeitet Johann Schnitzhofer die Milch, die ihm seine 24 glücklichen Kühe liefern. Den Stall sehen sie nur zur Melkzeit, ansonsten schlagen sie sich mit Wiesenkräutern die Bäuche voll und präsentieren sich den Wanderern als Fotomodelle. »Viel braucht's nicht, um guten Käse, Butter und Joghurt zu machen«, erklärt Schnitzhofer den Besuchern. Einen Kupferkessel, eine Zentrifuge und ein Butterfass. Der Rest sind Können und Liebe.« Davon hat der Johann ganz offensichtlich jede Menge, denn es schmeckt himmlisch. Nur einen winzigen Haken hat das Ganze: Wer all die guten Sachen probieren will, muss zu ihm auf die 400 Jahre alte Alm auf 1200 Meter hinaufsteigen. Denn nur hier sind die Köstlichkeiten zu haben.

Schlemmer-Touren

Doch richtigen Käsefreaks ist offensichtlich kein Weg zu weit und kein Anstieg zu beschwerlich. Die Almhütte ist immer knackevoll, wie auch die Rucksäcke, wenn sich die wandernden Feinschmecker wieder auf den Heimweg machen.

Künftig wird man beim Schnitzhofer wie auch auf vielen anderen Hütten wohl noch etwas enger zusammenrücken müssen, denn mit der Ende Juni eröffneten »Via Culinaria«, für die der Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann die Schirmherrschaft übernahm, hat man sie noch mehr auf den Präsentierteller gehoben. Die »Via Culinaria« sind sieben ganz unterschiedliche Wandergenusswege, die sich flächendeckend durch das Land ziehen. 14 Adressen allein gibt es auf der Käsetour.

Jeder der sieben Genusswege lohnt, die Wanderstiefel zu schnüren. Entlang der Touren liegen 65 Haubenrestaurants, 13 Betriebe mit Michelin Sternen, 21 Almen und Bauernhöfe, 14 Konditoreien und Chocolatiers, 36 Lebensmittelproduzenten und 21 originale Gasthöfe mit regionaler Küche. Da kann die Wahl zur Qual werden, und selbst ein dreiwöchiger Wanderurlaub wird nicht reichen, um all die Köstlichkeiten wenigstens zu probieren.

Beispielsweise auf dem »Genussweg für Fischfans«. Hier »schwimmt« man gewissermaßen an sieben Stationen vorbei, wir ankern bei Gerhard Langmayer, dem Fischer vom Fuschlsee. Unwiderstehlich riecht es aus dem Räucherofen, heute hängen Saibling, Forelle und Reinanke im Buchenholzrauch. Während wir es uns schmecken lassen, erzählt der 46-Jährige von seiner Arbeit. Schon sein Vater war Fuschl-Fischer, und wie dieser sorgt jetzt Gerhard dafür, dass immer genug Fische im See sind, auch durch eigene Zucht. 14 verschiedene Sorten fühlen sich in dem sauerstoffreichen, 265 Hektar großen Gewässer wohl, das bis zu 67 Meter tief ist. Wer will, kann zwischen April und September auch selbst die Angel in den See hängen, Angelkarten gibt's beim Fischer, und da man als Wanderer ja nicht unbedingt mit Rute und Kescher unterwegs ist, das Angelzeug gleich dazu.

Nach so viel Fisch brauchen wir einen Verteiler. Ein Blick auf die Wanderkarte führt uns »gschwind« an den benachbarten Wolfgangsee, wo in Gschwendt auf dem »Genussweg für Bierverkoster und Schnapsfreunde« das »Primushäusl« liegt. Hier brennen Johanna und Sepp Rieger edle Obstbrände, die so gut sind, dass selbst sonst überzeugte Anti-Schnäpsler zum Gläschen greifen. Eine absolute Rarität ist ihre »Salzburger Birne«, deren seltenen Früchte nur findet, wer sich gut in der Landschaft auskennt. Einer wie Sepp, dem man nachsagt, er rede mit den Bäumen wie andere mit der Geliebten. Johanna, seine lebenslustige Frau, bestätigt das gern, denn wäre es nicht so, dann würde auch das Endprodukt nicht stimmen. Da allerdings lässt sie bescheiden ihren Anteil außen vor. Denn jede Frucht wird in die Hand genommen, ausgeschnitten, der Stil entfernt, ehe sie als Maische den Weg in den Kessel nimmt. Viel Handarbeit, doch die lohnt sich ganz offenbar. Schon die Tatsache, die beste Schnapsbrennerei im Salzburger Land zu sein, ist bei den vielen guten Brennern in der Region eine Auszeichnung. Doch Riegers schafften es auf 2008 auf der »Destillata«, einem Leistungsvergleich der besten Brennereien der Welt, auf Platz zwei. Darauf nehmen wir doch gern eine flüssige Salzburger Birne, Himbeere oder Vogelbeere. Jeder der insgesamt 25 Obstler schmeckt intensiv nach dem, was drin ist.

Kreuz und quer wandern

Beim Laufen am Wolfgangsee wird der Kopf wieder frei, und nach einem Kaffee im »Weissen Rössl«, das erfolgreich den Spagat zwischen Operettenklischee und modernem Wellnesshotel geschafft hat, sind wir zum abendlichen Tafeln im »Goldenen Stern« in Golling bereit. Das 3-Hauben-Restaurant der Familie Döllerer ist eine von 19 Adressen auf dem »Genussweg für Feinspitze«, wie man in Österreich Gourmets nennt. Andreas, der 30-jährige Chef des Hauses, serviert eine exquisite regionale Küche, dazu erlesene österreichische Weine. 2000 aus aller Welt hat er in seiner Vinothek, aber beim besten Willen, da muss nun anschauen wirklich reichen. Weinfreunde aber sollten unbedingt ein bisschen mehr Zeit einplanen, in Andreas Döllerer finden sie auch einen guten Berater.

Natürlich kann man jede Tour von Anfang bis Ende gehen. Aber wer schafft es schon, ohne Schaden zu nehmen, sich beispielsweise auf dem »Genussweg für Fleischtiger« durch das Angebot an Schweinsbraten, Wiener Schnitzel, Tafelspitz und Co. an 17 Adressen zu futtern. Oder nacheinander in allen 16 Hütten auf dem »Genussweg für Hüttenhocker« bei regionalen Schmankerln zu hocken. Da sich die verschiedenen Wege immer wieder kreuzen, ist es gar kein Problem, ganz nach Gusto von einem zum anderen zu pendeln. Landschaftlich wie kulinarisch kommt man immer auf seine Kosten.

Auch wir wechseln nach zwei Tagen – gewissermaßen zum Dessert – gern auf den »Genussweg für Naschkatzen«, an dem 17 sündhaft gute Cafés, Eisdielen, Marmeladenmanufakturen oder Chocolatiers zur Einkehr locken. Einige davon in Salzburg, wo wir in der Konditorei Fürst die originale Mozartkugel probieren, die 1890 vom Begründer Paul Fürst erfunden wurde, und optisch wie geschmacklich nichts mit all dem zu tun hat, was sich sonst noch Mozartkugel nennt. Gleich um die Ecke locken in der Delikatessenhandlung »Scio's Specereyen« die köstlichen mit Maronenmus gefüllten Venusbrüstchen, die sich schon Mozart auf der Zunge zergehen ließ.

Nach drei Tagen ist auch dem Letzten klar, warum immer mehr Leute begeistert wandern. Nur, warum viele es auch deshalb tun, um abzuspecken, wird uns ein ewiges Rätsel bleiben.

  • Infos: SalzburgerLand Tourismus, Wiener Bundesstraße 23, A-5300 Hallwang, Tel.: (+43) (662) 66 88 44, E-Mail: info@salzburgerland.com, www.salzburgerland.com; dort bekommt man auch die kostenlose Broschüre zur »Via Culinaria«
  • Umfangreiche Infos zu den Genusswegen unter www.via-culinaria.com
  • Empfehlenswert ist die SalzburgerLand Card, die den kostenlosen Eintritt zu über 190 Attraktionen und Sehenswürdigkeiten im ganzen Salzburger Land ermöglicht, einschließlich 24 Stunden freier Eintritt und öffentlicher Verkehrsmittel in der Stadt Salzburg. Kosten: 6 Tage 43 € (Kinder 21,50), 12 Tage 52 € (26), erhältlich in Touristinformationen und zahlreichen Hotels, www.salzburgerlandcard.com
Die besten Mitarbeiter der Almkäsereien schmücken die Landschaft und sind geduldige Fotomodelle.
Die besten Mitarbeiter der Almkäsereien schmücken die Landschaft und sind geduldige Fotomodelle.
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