... und es bewegt sich vielleicht doch

Zwei Investoren interessiert am Spreepark / Liegenschaftsfonds: Verhandlungen so weit wie nie

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 4 Min.
... und es bewegt sich vielleicht doch

Acht Jahre lang schlief der Spreepark im Plänterwald seinen Dornröschenschlaf hinter Glasscherben und eingeworfenen Fahrgeschäften auf einem Stück Stadtraum, den die Natur sich gerade zurückholt. Ex-Betreiber Norbert Witte hatte sich damals mit sechs Fahrgeschäften nach Peru abgesetzt und rund 14 Millionen Euro Schulden in Berlin zurückgelassen. Jetzt kommt Bewegung in den Verkauf.

Das Finanzamt Treptow-Köpenick hatte im vergangenen Jahr die Zwangsversteigerung des Areals beantragt. Ihm schuldet die insolvente Spreepark GmbH gut 100 000 Euro an Steuern. Ein Termin für die Zwangsversteigerung stehe zwar noch nicht fest, sagt Gerichtssprecher Ulrich Winner dem ND. »Ich rechne auch nicht mehr in diesem Jahr damit.« Aber das Gericht hätte Gutachten über den Wert des Spreeparkes in Auftrag gegeben.

Laut einem Bericht der »Berliner Zeitung« sei das in den 1990er Jahren geschlossene Erbbaurecht gerade noch einen Euro wert. Offiziell bestätigen will das niemand. Aber: Sieht man von dem Wert der Natur ab, dann wurde bereits alles, was etwas wert ist, zu Geld gemacht, um Schulden zu bezahlen.

Würde es zur Zwangsversteigerung kommen, sei laut Anette Mischler vom Liegenschaftsfonds folgendes das wahrscheinliche Szenario: Das Finanzamt bekommt sein Geld. Das Gericht bekommt sein Geld. Alle anderen Gläubiger könnten leer ausgehen. Das sind vor allem die Deutsche Bank und das Land Berlin. Die Deutsche Bank hatte dem Spreepark einst Geld geliehen, das Norbert Witte in den Sand gesetzt hatte. Und das Land Berlin hat seit gut einem Jahrzehnt keine Pacht mehr gesehen und musste zudem die Kosten für Müllbeseitigung, Wachschutz und Schneeberäumung tragen.

Unter diesem Druck könnte die Deutsche Bank zu einem schnellen Verkauf des Areals an einen Investor noch in diesem Jahr drängen. Bisher ist ein Verkauf daran gescheitert, dass ein möglicher Investor die 14 Millionen Euro Schulden des Spreeparkes hätte übernehmen müssen, darunter 11 Millionen Euro bei den Banken. Jetzt könnte zumindest die Hauptgläubigerin, die Deutsche Bank, von ihrer Maximalforderung abrücken, um wenigstens noch etwas Geld zu sehen. Offiziell bestätigen will sie das nicht. »Kein Kommentar«, heißt es in der Pressestelle.

Zwei Interessenten gibt es nach Angaben des für das Verkaufsverfahren zuständigen Berliner Liegenschaftsfonds. »Wir sind mit den Verhandlungen so weit wie noch nie«, sagt Anette Mischler. Ein Interessent will einen Historienpark entwickeln, in dem man versunkene Kulturen ausstellen will. Er hat sein Konzept bereits bei den Bezirksverordneten in Treptow-Köpenick vorgestellt und bekam dafür überwiegend Zuspruch. Der Haken: Was für ein Investor sich hinter dem Projektentwickler verbirgt, ist nicht zu erfahren. Der zweite Interessent ist noch verschlossener. Die Presse darf weder seinen Namen noch sein Konzept erfahren.

Die Grüne Wirtschaftspolitikerin Lisa Paus ist darum skeptisch: »Ein Projektentwickler, der nicht verrät, welcher Investor hinter ihm steckt, ist in meinen Augen nicht seriös.« Sie fordert, dass das Land sich auf eine Zwangsversteigerung einlässt und mitbietet. »Dann soll der Spreepark renaturiert werden. Anderenfalls besteht die Gefahr juristischer Spätfolgen wie bei der Versteigerung des DDR-Rundfunkgeländes in der Nalepastraße.« Auch Anwohnerinitiativen am Plänterwald fordern die Renaturierung.


Was bisher geschah ...

  • 1969 wurde im Plänterwald der »Kulturpark Berlin« gegründet.
  • 1992 erhielt die Spreepark GmbH um Norbert und Pia Witte den Zuschlag zur privaten Bewirtschaftung unter sieben Bewerbern.
  • 1996 schloss das Land Berlin mit der Spreepark GmbH einen Erbbaurechtsvertrag ab und bürgte für Bankkredite der GmbH.
  • 2001 setzte sich Familie Witte mit Fahrgeschäften nach Peru ab. Als Norbert Witte zurückkam, klickten die Handschellen. Er hatte in einem Fahrgeschäft Kokain transportiert.
  • 2002-2007 scheiterten alle Versuche des Landes Berlin, den Spreepark zu verkaufen, an den gewaltigen Schulden. Bisher wollte die kein Investor übernehmen.
  • 2008 hatte Norbert Witte seine Haftstrafe abgesessen. Außerdem beantragte das Finanzamt die Zwangsversteigerung. Sollte es dazu kommen, wäre das Gelände schuldenfrei. Die Gläubiger blieben auf ihren Forderungen sitzen.
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