Konjunktur-Millionen kommen nicht an

Regionales Bauhandwerk ist mit der Umsetzung des Pakets nicht zufrieden

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Kein geringerer als der Bundesrechnungshof hat dieser Tage die Wirkung der Krisenstrategie der Bundesregierung bezweifelt. In Brandenburg äußern sich die Zuständigen extrem widersprüchlich.

Laut neuesten Erklärungen des Potsdamer Finanzministeriums wirkt das Konjunkturpaket in Brandenburg. Die Zahl laufender Projekte spreche dafür, dass die damit verfolgte Absicht auch erreicht wird, hatte das Ministerium festgestellt. Anfang August musste Finanzminister Rainer Speer (SPD) noch eingestehen, dass die Umsetzung des Konjunkturprogramms auf sich warten lasse. »Anders als vorgesehen, wird die Hälfte der Gelder noch nicht bis Jahresende abgeflossen sein.«

Aus dem zweiten Anti-Krisenpaket des Bundes kann Brandenburg 343 Millionen Euro abrufen, muss aber gemeinsam mit den Kommunen einen Eigenanteil von 114 Millionen Euro aufbringen. Bis 2011 stehen somit 457 Millionen Euro zur Verfügung, die vorwiegend in Projekte der energetischen Verbesserung, des Um- und Ausbaus fließen sollen. Laut ursprünglicher Planung hätten von der Gesamtsumme bis Mitte 2009 rund 60 Prozent gebunden sein müssen. Anfang August waren jedoch nur 185 von rund 1000 vorgesehenen Projekten entweder in Vorbereitung, in Planung oder bereits in der Umsetzung. Sie hatten ein Gesamtvolumen von zirka 65 Millionen Euro. Tatsächlich abgeflossen waren zu diesem Zeitpunkt lediglich 16 Millionen Euro.

Das muss sich gewissermaßen über Nacht geändert haben. Mitte August waren laut Speer 831 Maßnahmen im Rahmen des Programms realisiert. »Das Gesamtinvestitionsvolumen der Maßnahmen stieg auf knapp 166 Millionen Euro.« Mit Stand vom 17. August seien 27,8 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket abgerufen worden. Dabei handelt es sich um Mittel, die entweder bereits tatsächlich ausgegeben wurden bzw. in Kürze zur Begleichung von Rechnungen benötigt werden.

Nicht zufrieden mit der Umsetzung des überaus kostspieligen Konjunkturpakets zeigt sich Peter Kraschinski, Geschäftsführer der Interessenvertretung des Berlin-Brandenburgischen Bauhandwerks. »Das Konjunkturpaket II scheint zwar in einigen Kommunen und Landkreisen anzulaufen, allerdings hat bislang von den Geldern kaum etwas unsere Mitgliedsbetriebe erreicht.«

Widersprüchliche Informationen aus der Regierungskoalition gibt es zum Problem der finanzschwachen Kommunen, die sich von der Förderung schon ausgeschlossen sahen. Denn eine Reihe von Gemeinden in Brandenburg wirtschaftet am Rande der Zahlungsunfähigkeit, hätte also Schwierigkeiten, den geforderten Eigenanteil von 15 Prozent aufzubringen. Die Liste dieser Kommunen ist von 52 auf 75 angewachsen. Ihnen wird angeblich nur ein Eigenanteil von zehn Prozent abgefordert. In besonders schwierigen Fällen soll auch der vom Land ausgelegt werden.

Die CDU-Landtagsfraktionschefin Saskia Funck teilt die eher optimistischen Bewertungen durch Finanzminister Speer nicht: »Es ist schon bemerkenswert, dass sich Finanzminister Speer einerseits die gute Arbeit der Kommunen ans Revers heftet, aber anderseits Teile der verabredeten Umsetzung weiter blockiert. Den finanzschwachen Kommunen fehlt immer noch die notwendige Planungssicherheit, weil das Finanzministerium die geltenden Regelungen nicht anwendet.« Das gefährde die effektive Umsetzung des Konjunkturpakets und schwäche die dringend notwendigen Impulse für die einheimischen Unternehmen.

Für die Linkspartei ist Geschwindigkeit nicht das wichtigste Kriterium. Der Landtagsabgeordnete Ralf Christoffers bemängelt den »Handlungsdruck«, der auf dem ganzen Unternehmen laste und für übereilte Entscheidungen oder sogar für Fehlentscheidungen sorgen könne. »Mit weniger Eile und mehr Transparenz könnte man die Möglichkeiten besser ausschöpfen.«

Das Bundesland stellt sich darauf ein, dass die Hauptmasse der Konjunkturpaket-Millionen erst im kommenden Jahr abfließen wird. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sieht sogar einen Vorteil darin, dass ein wesentlicher Teil der Maßnahmen 2010 wirksam werde. Er verwies auf die »hohe Belastung der kommunalen Verwaltungen«, welche die Konjunkturpaket-Projekte zusätzlich vorbereiten müssen. Arbeitsmarktexperten gehen mehrheitlich davon aus, dass die Erwerbslosigkeit infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise im Herbst messbar zunehmen wird.

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