Sportler ermüdet vom Hindernislauf

Nach Finanzskandal: Vereine beklagen bürokratische Sportförderung in Sachsen-Anhalt

  • Hendrik Lasch, Magdeburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Weil der Landessportbund Fördergelder verschwendet hatte, übernahm die Finanzierung der Sportvereine in Sachsen-Anhalt das Sozialministerium. Nun klagen die Vereine über Bürokratie und ausbleibendes Geld.

Gerlinde Kuppe hat sich die Latte hoch gelegt. Die Vergabe der Fördermittel für den Sport in Sachsen-Anhalt müsse »klarer und effektiver« werden, sagte die SPD-Sozialministerin im März 2008. Damals hatte der Rechnungshof in einem geharnischten Bericht Geldverschwendung im Landessportbund (LSB) kritisiert, der die Gelder zuvor verteilt hatte. Millionenbeträge seien nicht bei Vereinen und Sportlern angekommen, sondern in »dubiosen Geschäftsstrukturen und zweifelhaften Projekten versickert«, donnerte Kuppe und wies an, das Geld fortan über das Ministerium zu verteilen.

Jetzt stellt sich heraus: Die Mittel werden zwar auf anderen Wegen verteilt; bei Sportlern und Vereinen kommen sie aber noch lange nicht an. Kürzlich verfassten 48 Regionalsportbünde und Fachverbände mit insgesamt 360 000 Mitgliedern eine »Osterburger Erklärung«, in der sie Tacheles reden. Die Rede ist von einer »dramatischen Situation um den Sport in unserem Land«, dessen Strukturen deshalb »stark gefährdet« seien.

21 Seiten Förderantrag

Auslöser ist ein bürokratischer Hindernislauf, auf den Vereine geschickt werden. Sie müssen Fördergelder beim Ministerium beantragen, bevor sie dann von der Investitionsbank ausgezahlt werden. Das dauert. Geld, das zu Jahresbeginn beantragt wurde, werde erst jetzt ausgezahlt, zitiert die »Mitteldeutsche Zeitung« den LSB-Präsidenten Andreas Silbersack, der im Amt ist, seit der Verband in seinen Gremien Tabula rasa machte. Die Kritik am Ministerium ist berechtigt, ergänzt Detlef Eckert, Sportpolitiker der LINKEN: Meist würden lediglich Abschläge gezahlt; kleine Vereinen müssen Mini-Förderbeträge 21 Seiten Antragsformular ausfüllen. Folge ist laut »Osterburger Erklärung« Demotivation und Überforderung der Ehrenamtlichen; teils drohten Konkurse.

Kuppe betonte gestern nach einer Sitzung des Kabinetts freilich, die Förderung für Vereine sei »bereits vor Monaten« bewilligt worden. Probleme musste sie aber bei der institutionellen Förderung der Fach- und Regionalverbände einräumen – also den Unterzeichnern der Protesterklärung. Sie müssen neuerdings Wirtschaftspläne vorlegen, von denen erst 21 geprüft sind; die anderen bleiben bis Oktober in Arbeit. Ursache sind Streitereien über Rücklagen der Verbände und die Höhe der Gehälter von Angestellten. Bei der Projektförderung trägt der LSB laut Kuppe sogar Mitschuld an der langsamen Auszahlung: Er habe Anträge über 660 000 Euro weitergereicht, obwohl bekannt gewesen sei, dass nur 230 000 Euro im Fördertopf sind. Künftig seien Vereinfachungen denkbar. So könnten die Fördergelder für zwei Jahre bewilligt werden; zudem könnte der LSB über die Vergabe der Projektmittel selbst befinden. Eckert nannte die Änderungen »nicht ausreichend«: Auch Kreis- und Stadtsportbünde sollten mehr Verantwortung erhalten. Zudem dürfe das Ministerium sein Versagen bei der Kontrolle nicht weiter herunterspielen.

Keine Rolle rückwärts

Die kalte Schulter zeigte Kuppe gestern denjenigen Funktionären, die von ihr eine Rolle rückwärts verlangt und gefordert hatten, Fördergelder sollten wieder allein vom Sportbund verteilt werden. Die Rückkehr zur pauschalen Vergabe der Gelder von rund 11,6 Millionen Euro werde es nicht geben, so Kuppe: »Die Neuordnung der Förderung war alternativlos.« Der Chef des Rechnungshofes hatte zuvor erklärt, die Rückkehr zur Autonomie müsse sich der LSB erst noch erarbeiten: »Dazu ist in der Vergangenheit einfach zu viel schief gelaufen.«

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