Torwarttor, Hundebiss und Wechselsünder

Heute treffen Dortmund und Schalke im 134. Revierderby aufeinander – ein Duell mit Geschichte und Brisanz

  • Mark Wolter
  • Lesedauer: 3 Min.
Das letzte Derbytor erzielte der Dortmunder Mohamed Zidan (M.) beim 1:1 auf Schalke im Februar. Foto dpa
Das letzte Derbytor erzielte der Dortmunder Mohamed Zidan (M.) beim 1:1 auf Schalke im Februar. Foto dpa

Zum 134. Mal treffen heute Borussia Dortmund und Schalke 04 aufeinander. Wer wegen der Anzahl der Wiederholungen Langeweile vermutet, der irrt. Kaum ein anderes Fußballderby kann mit ähnlich brisanter Rivalität und bewegenden Randgeschichten aufwarten wie das Duell im Ruhrpott.

Eine könnte Friedel Rausch erzählen. Vom legendären Hundebiss vor fast genau 40 Jahren. Von Schäferhund Rex, den ein Dortmunder Ordner nach Hansi Pirkners 1:0 für Schalke auf den Platz schickte, weil jubelnde Fans den Rasen stürmten. Rex aber interessierte sich nicht für die Eindringlinge, sondern nur für den Po des damaligen Schalker Spielers Friedel Rausch. Eine Narbe am Allerwertesten erinnert den 69-Jährigen noch heute daran. Andere blicken gerne auf die Spiele zurück. Frank Rost zum Beispiel. Der Torhüter machte sich vor fünf Jahren bei den Schalker Fans unsterblich, weil er den 1:0-Sieg seiner Schalker mit gleich zwei gehaltenen Elfmetern möglich machte.

Für die wohl spektakulärste Geschichte der Derbyhistorie sorgte Jens Lehmann am 19. Dezember 1997. Der damalige Schalker Torhüter rannte bei Rückstand seines Teams in der Nachspielzeit in den Dortmunder Strafraum und köpfte noch zum 2:2-Ausgleich ein – das erste Feldtor eines Torwarts in der Bundesliga. Lehmann sorgte zwei Jahre später nochmal für Revierwirbel, als er sich entschied, künftig das BVB-Tor zu hüten. Wechselsünder, die beim Rivalen anheuerten, erhitzten regelmäßig die Gemüter. Spieler wie Andreas Möller, Steffen Freund oder Ingo Anderbrügge wurden von Anhängern lange als Verräter beschimpft. Auch an Rudi Assauer musste man sich in Gelsenkirchen einst erst gewöhnen – der langjährige Schalke-Manager spielte nämlich zu Beginn seiner Fußballerkarriere von 1964 bis 1970 für Dortmund.

Nachdem in den achtziger Jahren die Duelle von Dortmund und Schalke regelmäßig von Krawallen und Straßenschlachten begleitet waren, entspannte sich der Umgang miteinander Ende der 90er Jahre deutlich – nicht zuletzt wegen sportlicher Erfolge auf beiden Seiten. Zwar können Fans den Gegner immer noch nicht beim Namen nennen und veralbern sich mit »Schlacke« und »BSE«. Vor dem heutigen Spiel aber gehen die Vereine geradezu freundschaftlich miteinander um. Die Klubbosse vereinbarten ein Benefizspiel zugunsten einer wohltätigen Kinderstiftung, die Teamkapitäne wollen vor dem Anpfiff einen gemeinsamen Appell für Fairness an die Fußballanhänger richten.

Dennoch wird die Polizei rund um das Derby mit einem Großaufgebot im Einsatz sein. Schalker Fans planen wie schon in den vergangenen beiden Jahren einen Marsch mit erwarteten 5000 königsblauen Anhängern vom Dortmunder Hauptbahnhof zum Stadion. Die Beamten befürchten Übergriffe von gewaltbereiten Fans aus der Dortmunder Ultraszene und wollen deshalb die Gäste direkt vom Bahnhof in Sonderzügen zum Spiel leiten. Dortmunds Präsident hofft auf Ruhe außerhalb des Stadions. »Wir wollen, dass das Revierderby ausschließlich sportliche Schlagzeilen schreibt«, sagte Reinhard Rauball.

Für die 90 Minuten auf dem Platz verspricht Dortmunds Trainer einen leidenschaftlichen Tanz. »Wir sind heiß wie Frittenfett«, sagt Jürgen Klopp. »Das Spiel hat Pokalcharakter, es geht um den Siegeswillen.« Den haben aber auch die Schalker. Sie fahren nach dem DFB-Pokalerfolg im »kleinen Revierderby« gegen Bochum »mit breiter Brust nach Dortmund. Das war eine gute Voraussetzung, um auch gegen den BVB zu bestehen«, sagt Trainer Felix Magath. Mit einem Erfolg beim Rivalen könnten die Schalker in der Bundesligabilanz zwischen beiden Klubs ausgleichen. Neben 23 Unentschieden gelangen dem BVB bisher 26 Siege, Schalke 25. Einer solchen Statistik als Motivationshilfe bedarf es aber vermutlich kaum.

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